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Martin Sonneborn über EU-Parlament„Wir wollen unsere eigene Fraktion“

Der Spitzenkandidat der „Partei“, Martin Sonneborn, rechnet nach dem Verfassungsgerichtsurteil mit einem Sitz im EU-Parlament.

Der Satiriker Martin Sonneborn ist „Spitzenkandidat“ der „Partei“ und will ins EU-Parlament einziehen. Bild: ap
Anna Lehmann
Interview von Anna Lehmann

taz: Herr Sonneborn, auf ihrer Webseite verkündet „Die Partei“, ein Mandat in Brüssel sei nur noch schwer zu verfehlen … Sie sind also optimistisch ins EU-Parlament einzuziehen?

Martin Sonneborn: War das die erste Frage?

Ja.

Ja, wir sind optimistisch. Bei der Bundestagswahl erreichten wir 0,2 Prozent, obwohl wir nur auf einem Drittel der Wahlzettel standen. Wir liegen also bei 0,6 Prozent. Wenn jetzt nur ein Drittel der Bürger zur Wahl geht, ist kleinen Splitterparteien obskurer Art, wie wir eine sind, der Wahlerfolg praktisch nicht mehr zu nehmen.

Sie konkurrieren mit anderen obskuren Splitterparteien wie der Tierschutzpartei und den Republikanern. Und dann sind da natürlich noch die etablierten Parteien. Welcher Partei hoffen Sie Wählerstimmen abzuluchsen?

Wir haben damals, als die FDP aufhörte als eigenständige politische Kraft zu existieren, Übertrittsangebote für besserungswillige FDP-Wähler und -Mitglieder gemacht. Und zwei oder drei sind zu uns übergetreten.

Im Interview: Martin Sonneborn

geboren 1965, ist Mitherausgeber des Satire-Magazins TITANIC und Vorsitzender der „Partei“.

So viele?

Ja, ich fürchte, dass wir jetzt den ganzen abgehalfterten FDP-Rest am Hals haben. Ansonsten reicht die eigene Klientel. Wir müssen sie nur mobilisieren und dafür sorgen, dass die anderen Wahlberechtigten nicht zur EU-Wahl gehen.

Wie wollen Sie das hinkriegen?

Wir sind ja eine straff führerzentrierte Partei. Unsere Wählerschaft ist sehr jung – Schüler, Studenten und gerade 18-jährige. Denen befehle ich einfach über die sozialen Netzwerke, „Die Partei“ zu wählen. Ich denke, dass wir unsere Anhänger damit zu annähernd 104 Prozent motivieren können. Wir werden außerdem einen absolut einschläfernden Wahlkampf führen und so versuchen, den Rest der Bundesbürger von der Wahl fernzuhalten. Wir planen auch Veranstaltungstipps attraktiver Art für den 25. Mai in Umlauf zu bringen, zum Beispiel Fernsehen.

Wer wird denn Spitzenkandidat für „Die Partei“?

Wir haben beim Bundesparteitag in Bremen eine Liste aufgestellt. Ich bin die Nummer 1, insgesamt sind wir 60 Leute auf der Liste.

Ist das nicht zu optimistisch – Deutschland hat nur 96 Sitze im EU-Parlament?

Nein, wir planen monatlich zurückzutreten. Fünf Jahre sind wir im EU-Parlament, das sind 60 Monate. Jeden Monat kann sich also jemand anders Brüssel aus der Nähe ansehen.

Also ein Rotationsprinzip.

Eher ein Entlohnungsprinzip. Ein EU-Parlamentarier erhält rund 12.000 Euro pro Monat, und 20.000 Euro Bürokostenzuschuss. Das lässt sich sonst schlecht teilen.

„Die Partei“ rechnet demnach mit genau einem Sitz im EU-Parlament. Aber was kann ein „Die Partei“-Abgeordneter unter 751 ausrichten?

Wir haben große Möglichkeiten. Das EU-Parlament ist ein Spaßparlament. Das zeigt die letzte Verordnung über die Dicke von Pizza-Teig. Mit unseren Erfahrungen, die wir bei Titanic gemacht haben, können wir da ganz vorn mitspielen.

Das kann auch schnell langweilig werden. Am Dienstag wurde über die Zulassung von eCall-Notrufsystemen in neuen Automodellen diskutiert. Was ist daran spaßig?

Keine Ahnung. Wir können sicher lustigere Sachen organisieren.

Welche denn?

Sobald wir einen Platz im EU-Parlament haben, werden wir uns hinsetzen und überlegen, wie wir diesen Kontinent umgestalten. Eines kann ich versprechen: es wird nicht schlechter werden.

Welcher Fraktion wollen Sie sich anschließen?

Wir wollen auf jeden Fall unsere eigene, wie heißt das?

Fraktion.

Ja, vielen Dank, Fraktion gründen. Das ist nicht ganz einfach, aber wir werden Mittel und Wege finden. Das einzige, von dem ich jetzt schon weiß, dass wir es gründen werden, ist ein Komitee für antiamerikanische Umtriebe.

Was soll dieses Komitee tun?

Es soll sich für antiamerikanische Umtriebe in Europa interessieren und sie unterstützen.

Was steckt dahinter?

Ein gesunder Antiamerikanismus. Mehr kann ich inhaltlich noch nicht verraten. Wir wollen natürlich weiterhin eine Mauer bauen. Zuerst wird die Schweiz eingemauert, auch andere Länder brauchen Mauern. Wir wollen so dem unkontrollierbaren Finanzbanditentum und der Globalisierung etwas entgegensetzen.

In ihrem Regierungsprogramm, welches bis 2113 gilt, steht...

2113, das ist ein Tippfehler.

Ein Tippfehler?

Ja, das Programm gilt nur bis 2093, wir nehmen es dann wieder von der Homepage.

Okay. In ihrem derzeit noch gültigen Regierungsprogramm heißt es: Die Mauer ist unsere Absage an weitere Europäisierung. Sie wollen dennoch ins europäische Parlament einziehen, ist das nicht ein Widerspruch?

Nein, das ist der Trend der Zeit. Es gibt viele Anti-Europäer, die jetzt gut bezahlt nach Brüssel gehen. Es gibt so viele Schwachköpfe, die für Europa sind und so viele Schwachköpfe, die gegen Europa sind, dass wir noch gar nicht genau wissen, wo wir stehen.

Sie wissen also noch nicht, welcher Gruppe von Schwachköpfen Sie sich anschließen?

Sehr gut gesagt.

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23 Kommentare

 / 
  • WW
    Wum Winders

    Endlich mal einer, der klar und präzise seine politischen Ziele darlegt.

    Der das Abstrakte konkret macht, der Fakten liefert und bereit ist, auch die Dinge umzusetzen, die er gar nicht angesprochen hat.

  • B
    Blechstein

    Das politisch aufgeklärte Bürgertum wird ihm in Massen zulaufen.

    Sonneborn- nomen est omen - mit diesemMann geht die Sonne auf.

  • I
    Isnogud

    Sonneborn - ein Mann - ein Politker - echt - authentisch - bürgernah - klarsichtig - mit dem Herz auf dem rechten Fleck -zukunftsorientiert und volksnah - Sonneborn - ein Mann ein Wort - lang lebe Sonneborn.

  • B
    Blechstein

    Aus der "Frankfurter Schule" kennen wir den Satz von der Irrationalität der Rationalität. Bei Sonneborn wird das Irrationale rational -Hurrahhhh!!

  • U
    Ungläubiger

    Wenn er an der Macht ist, wird ne Mauer gebaut. Oder ein Zaun mit Natostacheldraht. Das ist international voll im Trend. Spanien und damit die EU tun's eh schon. Die Israelis auch. Indien und Korea sowieso und selbst die USA haben ihre Grenze vernünftigerweise gesichert. Ich glaube ich werde nochmal schnell Maurer oder Betonmischer, dann hab ich für Jahre zu tun :)

    Ohne Spaß: die Partei ist die einzige Partei, die offen und ehrlich sagt, was sie vorhat und es ist in der Tat so, wie Gastong sagte: die Partei ist die einzige Partei, die man wirklich ernst nehmen kann. Auf nach Brüssel!

  • Touché. Endlich vernünftige Politiker.

  • RW
    Rainer Winters

    Jetzt mal ohne Spaß: Martin Sonneborn ist so genial in seiner Weise, wie er rüber kommt. Und Martin Sonneborn ist in seinem Herzen tiefst traurig über die Welt, so wie sie ist.

     

    Ein Mann mit Herz also, der politisch aktiv ist. Was entsteht aus Trauer? Was wird Martin Sonneborn im EP machen?

     

    1 + 1 = 2

    1 + 0 = 1

    0 + 750 = 750

     

    750 ernst daherkommende Meinungen treffen Martin Sonneborn's Nihilismus: Das geht bestimmt gut, da die anderen ja alle was erreichen wollen.

     

    Ich finde, dass man Lobbyisten dann auch verpflichten sollte, sich mit Martin Sonneborn zu treffen. Freiwillig würden die das ja sonst nie tun.

     

    Auf jeden Fall ein Mann, den man wählen kann.

  • SD
    Splitterfraktion der Partei

    Es gibt andere Parteien als die Partei? muss mensch (richtig gender muss gelernt sein) für so eine Einstellung nicht in die Hölle? für immer...

  • MV
    Martin von Due

    kann mir nicht vorstellen, dass unser GröVaZ von "die Partei" gesprochen hat.

    Es muss heißen die Partei DIE PARTEI

  • DW
    Der Wähler

    Die Partei hat immer Recht.

  • F
    Freiheitsliebe

    Sonneborn ist großartig! Er trägt in nachahmenswerter Weise dazu bei, dieses Eurokratie-Projekt ins absolut Lächerliche zu ziehen und damit endlich auf dem Müllhaufen der Geschichte zu entsorgen. Das Lustige dabei ist, daß er mit seinen Phrasen und Dummheiten nur die etablierten sogenannten "leidentschaftlichen Europäer" kopiert. Ich freu mich auf die Europawahl, vielleicht bekommt die Partei sogar meine Stimme...

    • MM
      Mtu mbaya
      @Freiheitsliebe:

      Ja, zudem kann im Anschluss an die Machtergreifung durch DIE PARTEI, die Balkanisierung der BRD durchgeführt werden. Denn diese verdient es mindestens genauso, auf eben jenem Müllhaufen zu verrotten.

  • Der größte Vorsitzende aller Zeiten hat ganz recht, wenn er auf reuige FDP-Wähler setzt: bereits bei der letzten Bundestagswahl konnte ich einen solchen für Die PARTEI gewinnen.

     

    Die Machtergreifung ist lediglich eine Frage der Zeit!

  • P
    Pferdefuss

    Nix gegen Sonneborn. Aber gegen viele andere schon. Wenn ich noch mal so eine Reihe von Spots aus dem letzten Wahlkampf paroli laufen lasse...leider wird es dem Projekt Europa am Ende schaden, insofern der Eindruck, die anstehende Wahl ist vorwiegend als eine Spielwiese für Spinner aller Art gedacht, sich dem Bürger nun aufzwingen muss.

     

    Ich kann da an sich nichts richtig Demokratisches dran erkennen, wenn jetzt jede noch so bescheidene Interessenvertretung so viel öffentliche Aufmerksamkeit generiert, wie nun mal als Folge solcher Wahlen abfällt.

     

    Und auch noch mit viel Geld ausgestattet bei übernationalen Entscheidungen per Bildung extremistischer Koalitionen mit nur allerkleinsten gemeinsamen Nennern in alles hereinfunkt, was ein paar tausend Deutschen mutmasslich so für das nicht Richtige halten.

     

    Die populistischen Wellen, die ausgerechnet von der Schweiz aus immer wieder Europa überlaufen, auch sie unter dem Begriff Basisdemokratie leuchtend hervorgehoben, hätten eigentlich schon Warnung genug sein können und müssen.

     

    Hier droht Gefahr, dass die Parlamente endgültig entwertet werden, und dass obskure Verbände, die ihre Rattenfänger in Schwärmen in die Talkshows schicken, zukünftig für diverse Agenden einseitig beherrschenden Charakter erlangen. Siehe AfD.

    • G
      genervt
      @Pferdefuss:

      Das ist doch bei jeder Wahl so. Ist immer schon so gewesen. Eine Farce sondergleichen und am Ende sitzen die gleichen Ausbeuter und gleichgeschalteten Wirtschaftshörigen wie immer da. Welche Farben die tragen war zu Weimars Zeiten schon egal und heute ist es noch viel egaler. Die Parlamente waren noch nie die Heizkosten wert, die ihnen die Hintern gewärmt haben – und die immer schon nicht von denen getragen wurden, die sich dort einen lauen Lenz gemacht haben. Ich mein: knapp 9000 Euro und wofür? Dafür, dass sie immer mehr kaputt machen und nicht nur unser Land, sondern alle anderen gleich mit an die Wand fahren? Ich behaupte ja nicht, alle Lösungen zu kennen, aber ich verlange für meine Inkompetenz nicht auch noch einen Reisenarsch voll Geld!

      Gegen die Wahlwerbespots hilft nur: Glotze aus, eine gute Zeitung, ein Buch oder einen Computer mit Internetanschluss in die Hand und schon kann man sich der meisten Propaganda ganz vortrefflich entziehen. Oder einfach raus, Freunde treffen, ins Kino gehen, Sport treiben oder sich einfach die Hucke zusaufen. Und für's EU-Parlament die Partei wählen. Dann bekommt man tatsächlich das was versprochen wird: reine Satire :)

      Das System läuft sich doch eh in den nächsten 20-30 Jahren tot. Dann können wir uns wieder feinen absolutistischen Regionaldespoten unterordnen. Die kosten dann auch nicht so viel wie die Parlamente und wenn sie überschnappen, dann sind die auf jeden Fall unkomplizierter abgesetzt als ein ganzes Parlament.

  • PH
    Peter Haller

    Hört sich ja alles sehr vernünftig an, was Herr Sonneborn und seine Partei so vorhaben.

    Aber wenn der erst mal an der Macht ist, was dann ?

    Wenn jedoch das Komitee für antiamerikanische Umtriebe erst mal steht, dann werde ich sicherlich Mitglied.

    • @Peter Haller:

      "Diese Mischung aus Antiamerikanismus und Naivität geht mir gewaltig auf den Senkel"

      Wer sagte das doch gleich?

      Egal, Grund genug die Partei zu wählen.

  • W
    waehlers_stimme

    Dank Abschaffung der 3%-Hürde weiß ich sehr genau, welcher Partei ich mein Kreuz schenken werde. Die PARTEI hat schließlich immer Recht!

  • C
    CommunismKills

    Ich hatte "die Partei" allerdings nur gewählt weil bei meiner bevorzugte Partei keine erste Stimme möglichwar. Der Herr Sonneborn kann schonmal mit einer Stimme weniger rechnen.

  • SD
    Splitterfraktion der Partei

    Mir geht das eigentlich noch nicht weit genug, weil ich meinen eigenen Planeten möchte. Internationale Spannungen und anhaltente soziokulturelle Unannehmlichkeiten geben mir da vollkommen Recht. ... obwohl besser gleich eine eigene Dimension in der ich vollkommene Gestaltungsfreiheit habe

  • JH
    Jens Hansen

    Unser großer Vorsitzende im EU-"Parlament", das ich das noch erleben darf

  • B
    Blechstein

    "Die Partei" eine echte Alternative zu den übrigen Volksbelustigern.

    "Die Partei" ist die Partei, die ich wählen werde.

    • G
      Gastong
      @Blechstein:

      Dem schließe ich mich an, die einzige Partei die man noch ernst nehmen kann!