Wulff-Freispruch und die Folgen: Wetterfrosch wider HAZ
Zum Wulff-Freispruch fragte die HAZ Jörg Kachelmann, wie man sich als Medienopfer fühlt. Die Antworten waren wohl zu direkt.
HANNOVER taz | Wie steht es nach seinem Freispruch um die Rehabilitierung Christian Wulffs in der Öffentlichkeit? Diese Frage treibt seit Donnerstag vermutlich nicht nur den Ex-Bundespräsidenten selbst um, der inzwischen verkündete, nach dem Ende seines Korruptionsprozesses eine Anwaltskanzlei in Hamburg zu eröffnen. Auch in der Presse wird die Frage diskutiert: Was bleibt – trotz Freispruch – hängen?
Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) interviewte dazu am Tag des Urteils einen mit besonderer Expertise: Ex-ARD-Wetterfrosch Jörg Kachelmann. Der war ja selbst in einem viel beachteten Prozess vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Seinen Job im Ersten hat er aber trotzdem verloren.
Ekelpresse mit Kühlschrankbildung
Veröffentlichen wollte die HAZ das nun geführte Gespräch dann aber doch nicht: Kachelmann holte das umgehend nach – über den Kurznachrichtendienst Twitter. „Wir haben Kachelmann Fragen gestellt“, twitterte die Zeitung ihrerseits. „Fanden die Antworten aber nicht weiterführend.“
„Wenig bis nichts“ zähle ein Freispruch, wenn die „Ekelpresse um Bild und die ihr hinterherhechelnden ’Qualitätsmedien‘ einen Angeklagten schon so sachgerecht vorverurteilt haben“, hatte Kachelmann der HAZ gesagt. Und war auch das Blatt selbst angegangen.
Wulff werde „feststellen, dass sich Bild bis HAZ zwar schämen sollten, aber die Journalisten mit ihrer wesensnahen Herzensbildung eines abgetauten Kühlschranks generell dazu nicht der Lage sind“.
Wulff dürfte neben der Frage, wie über seinen Freispruch berichtet wird, auch die Justiz weiter beschäftigen: Kommende Woche will die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie Revision einlegt. Um seinen Freispruch müsste Wulff dann nochmal zittern.
Leser*innenkommentare
Rainer B.
Dass ein gelernter Jurist weiß, wie er sich selbst vor Strafe bewahrt, verwundert nicht wirklich. Juristen wissen recht genau, wie man dieses Gemeinwesen zum optimalen Eigennutz einsetzen kann. Der Anteil an Juristen in öffentlichen Ämtern ist dementsprechend hoch. Das Gericht konnte sich nur mit vergleichsweise belanglosen Dingen beschäftigen. Die viel interessantere Frage steht nach wie vor noch im Raum. Wieso gelingt es immer wieder minderbegabten Politikern, bis in die höchsten Staatsämter vorzurücken? Und da sind wir wieder beim Thema Parteienproporz und Nähe zum Geld. Hier kann es keinen Freispruch geben.
Korf
Gast
Man hört auch hier wieder die unbelehrbaren Nachtreter. Dabei ist die viel interessantere Frage, warum wurde Christian Wulff gestürzt!
Zum einen war ein Großteil der Medien bei Wulff´s Wahl für Joachim Gauck, auch um Merkel und Schwarz-Gelb zu schaden, dann gab es das Zerwürfnis Wulff´s mit der Springer-Presse schon lange vor dem Mailbox-Anruf. Mit seiner Rede zum Islam brachte er alle von Neonazis bis zur BILD und FAZ gegen sich auf und mit seiner harten Kritik an der Euro- und Bankenrettung, sowie der Entmachtung des Parlaments im Zuge der Rettungsschirme verlor er auch die letzten Unterstützer. Wie es so schön heißt - viele Hunde sind des Hasen Tod. Wenn nun manche kritisieren, der Hase hätte selbst Fehler auf der Flucht gemacht - das könnte richtig sein, ist aber nicht des Pudels Kern!
rugero
Herr Wulff ist kein Opfer !!
Was mit einem Kredit begann, den niemand sonst jemand in Deutschland zu den Bedingungen bekommen hätte und sich fortsetzte in zahlreichen Einladungen und Schnäppchen, führte den Mann und seine damals neue Schicki-Micki-Frau ständig in der Grauzone herum. Ein Ministerpräsident hat sich nicht in der Grauzone aufzuhalten - er verdiente genug und hat ein sehr großzügiges Spesenkonto gehabt.
In der Presse hat er sich selber lächerlich gemacht durch seine BILD-Homestory und den anschließenden Drohanruf auf die Mailbox des Chefredakteurs. Danach hat er sich ständig weiter in windige Ausflüchte verstrickt. Seine uninspirierten Erklärungsversuche waren hochnotpeinlich und haben dem Ansehen des Amtes geschadet.
Es ist doch klar, daß Journalisten sich auf solche Steilvorlagen stürzen.
Niemand möchte einen peinlichen oder lächerlichen Präsidenten !
Juristisch ist er aus der Sache heraus. Moralisch und politisch aber nicht, wie er behauptet. Eine Ehrenerklärung vermnag ich in dem Urteil nicht zu erkennen.
vic
Ob strafrechtlich relevant oder nicht. Wulff hat den Rücktritt verdient, den Ehrensold hingegen nicht.