HSV punktet immerhin bei Fans: Abstiegskampf statt Rasenschach
Der Hamburger SV erringt gegen den Abstiegskonkurrenten Eintracht Frankfurt zwar nur einem Punkt, aber dafür gewinnt die Mannschaft in der Endphase des Spiels ihre Fans zurück.
HAMBURG taz | Nach dem Nordderby gegen den HSV hatte Werder Bremens Stürmer Nils Petersen am vergangenen Wochenende die Bremer Fans für ihre Unterstützung gelobt: „Dieser Zusammenhalt kann uns am Ende von der Konkurrenz abheben.“ Und eben jene Abstiegskonkurrenz trat am Samstag in Hamburg gegeneinander an. Eine der spannenden Fragen war, ob der HSV-Anhang für die verletzungsgeschwächte Mannschaft gegen Eintracht Frankfurt als „12. Mann“ würde einspringen können, wie Trainer Mirko Slomka sich das gewünscht hatte.
Bis weit in die zweite Halbzeit lautete die Antwort: „Wunsch abgelehnt, Mannschaft alleingelassen.“ Es wehten zwar jede Menge blau-weiße Fahnen, aber bis auf wenige Sprechchöre blieb es ruhig wie im Theatersaal. Von Abstiegskampf war lange weder auf dem Platz noch auf den Rängen etwas zu spüren.
Identifikation fällt schwer
Möglicherweise wirkte die Enttäuschung nach, dass nur vier Spieler an der Trauerfeier für Fan-Ikone und HSV-Masseur Hermann Rieger teilgenommen hatten. Bestimmt fällt es den Fans schwer, sich mit der von fünf Trainern und zwei Sportdirektoren zusammengeschusterten Mannschaft zu identifizieren. Und dann fehlten auch noch die beim 3:0-Sieg gegen Borussia Dortmund gefeierten Marcell Jansen, Slobodan Rajkovic, Per Jiracek und Pierre-Michel Lasogga sowie der grippekranke Kapitän Rafael van der Vaart.
Slomka gelang es immerhin, eine Mannschaft auf den Platz zu stellen, die die Ordnung hielt, Räume eng machte und hin und wieder einen Angriff initiierte. Aber aus Ordnung entspringt keine Euphorie, zumal die Frankfurter den Moment bestraften, in dem diese zusammenbrach.
Als der Ball nach einer schon geklärten Ecke in der 29. Minute in den Strafraum zurücksegelte, verlor Innenverteidiger Johan Djourou ein Kopfball-Duell und Michael Macienne hob das Abseits auf. Mit einem unhaltbaren Volleyschuss erzielte der Ex-Wolfsburger Alexander Madlung die Führung für die ansonsten harmlosen Frankfurter.
Der HSV wurde nur gefährlich, wenn Ivo Ilicivec auf dem linken Flügel Druck machte. Der verpuffte allerdings meist, da der Kroate zu wenig Unterstützung vom dahinter postierten Heiko Westermann erhielt. Im Bundesliga-Endspurt könnte ein linker Flügel mit Ilicivic und Marcell Jansen noch eine wichtige Waffe werden.
Den einzigen Spieler, der am Samstag den entscheidenden Funken zünden konnte, Hakan Calhanoglu, versteckte Slomka zu lange in der Spitze. Die Überlegung war wohl, dass er dort von seinem Sturmpartner Jacques Zoua den einen oder anderen Ball vor die Füße bekommen sollte. Doch Zoua und Calhanoglu verloren in der ersten Halbzeit so gut wie jeden Zweikampf.
Der „12. Mann“ taucht auf
Die Wende kam, als Slomka Calhanoglu in der 62. Minute ins Mittelfeld zurückzog. Endlich lag das Spiel vor dem schussgewaltigen Techniker und er konnte seine Antrittschnelligkeit einsetzen. Das sorgte für eine neue Dynamik und übertrug sich sofort auf die Ränge. Da war plötzlich auch der vielbeschworene „12. Mann“ da, der tatsächlich neue Kräfte freisetzen kann.
Der Zug zum Tor wurde stärker, einen Calhanoglu-Schuss wehrte Frankfurts Torwart Kevin Trapp zu kurz ab und Zoua setzte seinen Körper gegen Carlos Zambrano so geschickt ein, dass Schiedsrichter Michael Weiner ihm für seinen Fall einen Strafstoß gab. Ausgleich. Zu einem weiteren Treffer reichte der neue Schwung zwar nicht und dieser eine Punkt ist gegen einen Abstiegskonkurrenten zu wenig, aber so wie die Hamburger Fans ihre Mannschaft noch Minuten nach dem Abpfiff feierten, könnte das die Grundlage für den notwendigen Schulterschluss im Abstiegskampf sein. Bei den Verantwortlichen des HSV sollte angekommen sein, was die Fans sehen wollen, damit sie sich voll reinhängen: Abstiegskampf statt Rasenschach.
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