Foltervorwürfe gegen britische Soldaten: Vorermittlungen in Den Haag
Der Internationale Strafgerichtshof prüft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen britische Soldaten. Ihnen wird Folter im Irak vorgeworfen.
BERLIN taz | Die Chefanklägerin beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, Fatou Benouda, hat am Dienstag nachmittag erklärt, neue Vorermittlungen gegen britische Soldaten aufzunehmen. Dabei soll geklärt werden, ob Vorwürfe gegen britische Einheiten, im Zeitraum von 2003 bis 2008 im Irak Gefangene misshandelt, gefoltert und willkürlich umgebracht zu haben, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in Den Haag rechtfertigen.
Dem Schritt geht eine Strafanzeige des in Berlin ansässigen European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und der britischen Anwaltsgruppe Public Interest Lawyers (PIL) voraus. „Mehr als 400 ehemalige irakische Häftlinge haben sich in den vergangenen Jahren an PIL gewandt und von schwersten Misshandlungen und Erniedrigungen durch britische Soldaten berichtet,“ heißt es in einer am Mittwoch vom ECCHR verbreiteten Presseerklärung. „Obwohl diese Vorwürfe seit langem bekannt sind und Gegenstand von diversen staatlichen Untersuchungskomissionen waren, verweigern sich die britischen Behörden bis heute einer gebotenen strafrechtlichen Aufarbeitung,“ heißt es in der Erklärung weiter.
Für die Frage, ob in Den Haag ein Verfahren eröffnet wird, dürfte genau das entscheidend sein: Ob die britische Justiz alles getan hat, um die seit langem erhobenen Klagen strafrechtlich wirklich aufzuarbeiten. Denn nur, wenn der Staat, auf dessen Gebiet sich die Taten ereignet haben oder dessen Bürger die Angeklagten sind, entweder nicht in der Lage oder nicht willens ist, die Ermittlungen selbst zu übernehmen, kann Den Haag sich für zuständig erklären. So ist es im Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofes verankert, dem Großbritannien als Mitgliedsstaat angehört und dessen Zuständigkeit es insofern grundsätzlich anerkennt.
„Die besten Truppen der Welt”
Der britische Generalstaatsanwalt Dominic Grieve erklärte umgehend, die Regierung weise den Vorwurf systematischer Misshandlungen durch die britischen Streitkräfte zurück. „Britische Truppen gehören zu den besten der Welt und wir gehen davon aus, dass sie nach den höchsten Standards operieren, im Einklang mit nationalem und internationalem Recht,“ sagte er.
Schon während die britischen Truppen noch in Irak stationiert waren, hatte es den Versuch gegeben, mutmaßliche Menschenrechtsverbrechen in Den Haag anhängig zu machen. Im Februar 2006 hatte jedoch der damalige Chefankläger Luis Moreno-Ocampo erklärt, kein Ermittlungsverfahren einzuleiten, weil die Vorwürfe dafür nicht schwerwiegend genug sein. Erst jetzt, mit den neuen von ECCHR und PIL vorgelegten Fakten, sei es angezeigt, die Lage neu zu analysieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!