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Zypern steht kurz vor Schluss ohne Plan B da

KREDIT Zyperns Regierung und die Parteien debattieren ohne Unterlass. Jetzt sollen die Einleger der Banken eventuell doch mitbezahlen

BERLIN taz | Zypern legt bei der eigenen Rettung ein ähnliches Tempo vor wie die Deutsche Bahn bei Eisregen. Die Verspätungen bei der Vorstellung eines „Plan B“ zur Finanzierung des Eigenanteils in Höhe von 5,8 Milliarden Euro für einen 10-Milliarden-Kredit summierten sich am Freitag auf rund 24 Stunden. Schon am Donnerstag hatte die Eurogruppe bei einer Telefonkonferenz keine Beschlüsse fassen können, weil die Absichten der Regierung in Nikosia nur in Umrissen bekannt waren. Die Verabschiedung im Parlament wurde verschoben.

Folglich rang Nikosia auch am Freitag weiter um das Rettungspaket. Das Parlament vertagte sich abermals vom Morgen auf den Abend – frühestens. „Das Land muss gerettet werden“, so Regierungssprecher Christos Stylianides. „Wenn wir keinen Plan vorlegen, dann wird die Europäische Zentralbank am Montag den Geldhahn zudrehen, und das Land geht in den Bankrott“, sagte der Chef der Zentralbank, Panikos Demetriades.

Die Verzögerungen haben einen einfachen Grund: Zyperns „Plan B“ ist faktisch tot. Noch am Donnerstag hatte die Regierung die Beteiligung von Einlegern der Banken an der Rettung von Staat und Banken ausgeschlossen. Stattdessen war allein die Entwicklung eines Solidaritätsfonds geplant. In den sollten auch Gelder aus den Pensionskassen (halb-) staatlicher Firmen und Teile der zyprischen Goldreserven fließen. Auch die Kirche bot Hilfe an, die Bürger sollten sich freiwillig beteiligen.

Doch die Kritik an „Plan B“ war vernichtend. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, Europa werde eine Verstaatlichung der Pensionsfonds nicht mittragen. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier stimmte ihr zu. Nikosia verhalte sich gerade nach der Devise, lieber zu sterben als auf Knien weiterzuleben, sagte Merkel. Auch in Brüssel stieß der zyprische Solidaritätsfonds auf keine Gegenliebe. Dem Rettungspaket müssen alle Euroländer zustimmen.

Deshalb plante die Regierung in Nikosia offenbar, nun doch Bankkunden zu belasten. Im Gespräch war eine Zwangsabgabe für alle Kontenbesitzer mit einer Einlage von über 100.000 Euro. Am Dienstag noch hatte das Parlament einen entsprechenden Gesetzesvorschlag für Einlagen von über 20.000 Euro einmütig und auf Druck der Bevölkerung abgelehnt. Nun sagte der Vizechef der regierenden Disy-Partei, Averof Neophytou, eine Lösung im Stile des am Dienstag vom Parlament abgelehnten EU-Rettungspakets sei doch möglich. Unklar blieb dabei, wie hoch die Einlagen belastet werden sollten.

Die Bank of Cyprus warb für die Abgabe. Sollte das Bankensystem zusammenbrechen, wären alle Einlagen verloren.

Der Finanzausschuss des zyprischen Parlaments beriet derweil auch über die Zukunft der zweitgrößten Bank Laiki. Unbestätigten Berichten zufolge sollen deren nicht überlebensfähige Teile in eine „Bad Bank“ ausgelagert werden; der Rest soll mit dem größten Geldinstitut der Insel, der Bank of Cyprus, verschmolzen werden. Außerdem wurde die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen debattiert, damit die Banken Zyperns bei ihrer Wiedereröffnung am nächsten Dienstag nicht unter dem Ansturm ihrer Kunden kollabieren. KLAUS HILLENBRAND

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