Vorwürfe gegen Joachim Gauck: „Widerlicher Kriegshetzer“
Ein Linke-Abgeordneter nennt den Bundespräsidenten „Kriegshetzer“. Im Bundestag sorgt das für Aufregung. SPDler Oppermann zieht gar einen Nazi-Vergleich.
BERLIN dpa | Die große Koalition hat Bundespräsident Joachim Gauck gegen „Kriegshetzer“-Vorwürfe aus den Reihen der Linkspartei in Schutz genommen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach mit Blick auf Äußerungen eines linken Landtags-Abgeordneten aus Brandenburg, der Gauck einen „widerlichen Kriegshetzer“ genannt hatte, am Mittwoch im Bundestag von „unglaublichen Entgleisungen“. Oppermann zog auch einen Vergleich zu Nazi-Methoden in der Weimarer Republik, was wiederum bei der Linken Protest auslöste.
Gauck selbst wollte die Angelegenheit bei einem Besuch in Portugal nicht kommentieren. Der brandenburgische Linke-Abgeordnete Norbert Müller hatte auf seiner Facebook-Seite Äußerungen des Bundespräsidenten zur deutschen Außenpolitik mit den Worten kommentiert: „Mancher bleibt sich treu. Andere werden Bundespräsident und widerliche Kriegshetzer.“ Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüft nun, ob sie Ermittlungen aufnimmt.
Mehrere Redner von Union und SPD forderten Linke-Fraktionschef Gregor Gysi auf, sich klar zu distanzieren. Gysi sagte daraufhin im Bundestag, Müller habe sich „falsch ausgedrückt“. „Es kann schon sein, dass der eine oder andere bei uns mal über das Ziel hinausschießt.“ Für die Linke wie für andere Parteien gelte aber: „Keine Partei kann für jede Äußerung eines einzelnen Mitglieds die Verantwortung übernehmen.“
Nicht beleidigen, aber rügen
Gysi fügte hinzu: „Ich werde niemals den Bundespräsidenten beleidigen. Aber rügen darf ich schon, dass er auch verteidigungspolitisch sät, was wir zivilrechtlich unbedingt lösen müssen in diesen Menschheitsfragen.“ Gauck hatte in den vergangenen Monaten mehrfach verlangt, Deutschland müsse international mehr Verantwortung übernehmen. Dies hatte die Debatte über weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr neu belebt.
Oppermann wies die Kritik aus der Linkspartei in scharfen Worten zurück. „Das war die Strategie der Nazis in der Weimarer Republik gegen Reichspräsident Ebert“, sagte der SPD-Fraktionschef. „Nun ist ganz klar, dass ich Sie damit nicht in Verbindung bringen will. Aber durch ihre demagogische Verdrehung der Äußerungen des Bundespräsidenten legen Sie die Grundlage für solche unglaublichen Entgleisungen.“
Die Potsdamer Staatsanwaltschaft prüft mittlerweile, ob sie gegen Müller aktiv wird. Nach Paragraf 90 des Strafgesetzbuches droht bei Verunglimpfung des Bundespräsidenten eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Eine solche Tat wird aber nur mit Ermächtigung des Staatsoberhauptes verfolgt.
Leser*innenkommentare
heinz martensen
Gauck ist halt schlauer als Horst Köhler. Wenn in Deutschland Kriege vorbereitet werden, muss man immer die Menschenrechte verteidigen, oder ein zweites Auschwitz (J. Fischer) verhindern wollen. Daran hält sich Gauck brav.
Köhler hat dagegen dummerweise ausgesprochen, um was es eigentlich geht: Die Wahrung deutscher Interessen.
Walter Gleichmann
Ich verstand das so: Bundespräsident Herr Gauck hatte sich für Militäreinsätze als letztes Mittel ausgesprochen um schlimmste Menschenrechtsverletzungen/Völkermorde (orginal Gauck: "Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen) dadurch verhindern zu können! Was wäre die Alternative, Appele, Resulutionen, Zuschauen? Wenn der Brandenburger Linken-Abgeordneten Norbert Müller daraufhin den Bundespräsidenten als "widerlichen Kriegshetzer" bezeichnet, ist das nicht hinnehmbar! Gauck also ein Kriegshetzer? Das ist Herr Gauck nicht, das weise ich zurück", sagte Gysi selbst im Bundestag. Also Die Linke weist das zurück! Vor allem rechtspopulistische/rechtsradikale User verbreiteten, wenn Gauck die NPD-Anhänger als Spinner bezeichnen dürfe, dürfe dieser auch Kriegstreiber genannt werden. Auch die Fotomontage des Buchautors und früheren CDU-Abgeordneten Jürgen Todenhöfer ist anstößig, der Herrn Gauck auf seiner Facebook-Seite als Dschihadist mit Turban und Maschinengewehr dargestellt hatte.
Hans Hunz
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte...
Hier kann und sollte sich doch jeder selbst die Frage stellen: Kann dieser fromme Mann, der Mensch hinter diesem gewinnenden Lächeln, dem offenen, freundlichen Blick ein schlechter Mensch, gar ein "widerlicher Kriegshetzer" sein?
Rainer B.
Nicht Jeder, der zum Kriege hetzt,
hat selbst ein Messerchen gewetzt.
Zum Kampfe braucht es stets Soldaten,
der Pope segnet nur Granaten.
Und läuft im Staate gar nichts mehr,
dann müssen viele Popen her.
Man sieht es auch im Nahen Osten,
die Pfaffen sind die vollsten Pfosten.
Reinhardt Gutsche
„Gauck mit uns“
„Klerus und Krieg: Man kann auch den Mantel der Nächstenliebe nach
dem Wind hängen.“ (Karl Kraus)