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Kenianische Comedy-SerieStromberg in Afrika

Die Mini-Serie „The Samaritans“ macht sich über das Entwicklungshilfe-Business lustig. Sie ist erschreckend nah an der Wirklichkeit.

Das Team von „Aid for Aid“ ist selbst reinste Comedy: Die kenianische Rezeptionistin steht auf westliche Diplomaten. Tabelle: www.aidforaid.org

Hier wird Afrika gerettet: helles Besprechungszimmer, Frauen auf High Heels, Männer im Jackett. Mit einem Sushi-Häppchen in der Hand suchen die Mitarbeiter der Hilfsorganisation „Aid for Aid“ nach der perfekten Abkürzung für ihr nächstes Projekt. Kurz und griffig soll sie sein, denn Fördergelder kriegen meist die Projekte, deren Namen nur vier Buchstaben haben.

Am Ende einigen sich die Mitarbeiter auf „Food Efficiency and Economic Development“ – FEED. Nahrungseffizienz und wirtschaftliche Entwicklung – klingt gut, sagt wenig und passt deshalb hervorragend zu „Aid for Aid“. Denn die Organisation tut im Grunde: nichts.

Ausgedacht hat sich die Sushi-Szene der Kenianer Hussein Kurji. Der Filmproduzent lebt in Nairobi, wo Tausende Hilfsorganisationen sitzen. Er selbst hat nie in einer gearbeitet, dafür viele seiner Freunde. „Die Geschichten, die ich von ihnen hörte, waren so absurd, dass es auf der Hand lag, daraus eine Comedy-Serie zu machen“, sagt der 36-Jährige. Also schuf er „The Samaritans“: eine Satire, die das Entwicklungshilfe-Business in Kenia aufs Korn nimmt.

Zwei Folgen gibt es bisher, für den Rest der Staffel sucht Kurjis Produktionsfirma Xeinium noch Investoren. Die Pilotfolgen haben die Macher über eine Crowdfunding-Plattform finanziert. Eine größere Spende kam sogar von einer NGO – von welcher und wie hoch der Betrag war, will Kurji nicht sagen.

DIE SERIE

Zwei Folgen gibt es bisher. Gegen eine Spende kann man sie hier anschauen.

Bloß kein Aktivismus

Er sehe darin aber keinen Widerspruch. „Ich bin kein Aktivist“, sagt er. „Mir geht es nicht um eine grundsätzliche Kritik an Entwicklungshilfe, viele Organisationen leisten gute Arbeit.“ Der Satire-Ansatz habe sich einfach aus dem Material ergeben.

Seit Oktober 2013 sind die zwei Folgen gegen Gebühr im Netz zu sehen. Die meisten Zuschauer kommen aus den USA, dann folgen Kenia, Deutschland, Frankreich und Italien. „Wir haben die Serie zwar für ein europäisches Publikum konzipiert – einfach, weil der Fernsehmarkt in Kenia sehr klein ist“, sagt Kurji. Aber dass die Pilotfolgen im Westen so gut ankommen, hat er nicht erwartet.

Ein Großteil des Publikums, so der Produzent, arbeite übrigens selbst für Hilfsorganisationen. Dabei wirft der Plot der Serie kein gutes Licht auf die Branche: Das Kenia-Büro von „Aid for Aid“ soll einen neuen Chef bekommen.

An der Reihe wäre eigentlich die kenianische Vizechefin, doch die Londoner Zentrale lässt lieber den 28-jährigen Amerikaner Scott einfliegen. Der hat zwar keinen Schimmer von Afrika, aber einen Master in Internationaler Entwicklung. Und er kennt die sinnfreien Worthülsen, die die Geber-Herzen höher schlagen lassen.

Sonst noch Teil des Teams: die kenianische Rezeptionistin mit einem Faible für westliche Diplomaten, der ahnungslose indischstämmige Buchhalter, die britische Programmmanagerin, die seit ihrer Hochzeit mit einem Senegalesen Dreadlocks trägt, und die selbstverliebte PR-Frau, die regelmäßig die Hauptrolle in ihren eigenen Kampagnenvideos spielt.

Ignoranz, Vorurteile, Rassismus

Das Team muss Fördergelder beschaffen. Worum es bei dem Antrag geht, weiß keiner so genau. Sicher ist nur, dass die richtigen Schlagworte vorkommen müssen und die Abkürzung hübsch klingen sollte. Ob das Projekt am Ende wirklich Menschen aus der Armut holt, ist zweitrangig.

„The Samaritans“ – ähnlich wie die deutsche Serie „Stromberg“ – suggeriert Live-Charakter: Das Bild wackelt, die Protagonisten kommentieren das Geschehen direkt in die Kamera. Und wie Bernd Stromberg ist auch Scott ein Chef, für den sich der Zuschauer oft fremdschämen muss.

Doch bei „Aid for Aid“ geht es nicht nur um den täglichen Bürowahnsinn, sondern auch um das, was sich häufig hinter dem westlichen Helfersyndrom verbirgt: Ignoranz, Vorurteile, Rassismus. Als Scott zum Beispiel den schwarzen Fahrer der NGO nicht wiedererkennt, rutscht ihm heraus: „Sorry, ihr seht einfach alle gleich aus.“ Szenen wie diese machen die Serie zu einem boshaften Spaß, dem man vereinzelte Längen verzeiht.

Entwicklungshilfe als Lifestyle

Neu ist die Idee der Serie nicht. In Satire verpackte Kritik an der Hilfsindustrie hat in den vergangenen Jahren einige YouTube-Hits hervorgebracht, darunter der Videoclip „Africa for Norway“, in dem afrikanische Popstars über das kalte Norwegen singen und dazu aufrufen, Heizkörper zu spenden. Oder das Musikvideo „Development Boy“, das sich über junge Westler lustig macht, für die ein Ausflug in die Entwicklungshilfe zum Lifestyle gehört.

Das Thema trifft offensichtlich einen Nerv – interessanterweise unter genau den Leuten, die Teil der Helfer-Branche sind. „The Samaritans“ ist die erste Produktion dieser Art, die aus Afrika kommt. Doch auch hier stammt die Mehrheit der Zuschauer aus Europa und den USA.

Diese westliche Selbstkritik ist erfreulich – auch wenn darin wohl die leise Sehnsucht mitschwingt, immer auf der richtigen Seite zu stehen. Vor zehn Jahren flogen wir nach Afrika und unterrichteten Waisenkinder, um Gutmenschen zu sein. Heute posten wir den Trailer von „The Samaritans“ auf Facebook.

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