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Kommentar Freiheitskongress der GrünenPflicht und Kür

Ines Pohl
Kommentar von Ines Pohl

Die Grünen nehmen sich des Themas Freiheit an. Gut so: Sie sind die einzigen, die an die AfD keine Stimmen verloren haben.

Jetzt heißt es Ärmel hochkrempeln und mal was für die Freiheit tun Bild: dpa

F reiheit ist eine so zentrale Kategorie, dass man sich gar nicht genug mit ihr auseinandersetzen kann. Entsprechend richtig ist der heutige Kongress der Grünen zum Thema. Und entsprechend sei all jenen zugerufen, die nun kübelweise Häme über die Partei ausschütten, dass es doch auch nichts schaden würde, wenn die CDU mal einen Konvent zum Thema „soziale Gerechtigkeit“ machte. Auch das ein Thema mit großer Relevanz.

Es ist auch gut, dass die Grünen sich nicht von der Behauptung haben irritieren lassen, sie wollten nur die Marktlücke füllen, die die FDP hinterlässt. Erstens hat keine Partei ein Copyright auf das Thema „Freiheit“. Und zweitens wissen alle, die das politische Geschehen der vergangenen Jahre auch nur ansatzweise beobachtet haben, dass das Freiheitsverständnis der sogenannten Liberalen vor allem auf einem fußt: der Freiheit der Wohlhabenden, noch reicher zu werden.

Grüne Freiheitskongress

Der Kongress findet am 19. September im Bundestag statt. Hier sollen Bürgerrechtler, Autoren, Wissenschaftler und andere darüber diskutieren, vor welchen Herausforderungen die Freiheit steht und welchen Stellenwert sie für die Grünen hat.

Gerade durch das Erstarken der AfD müssen die Grünen sich nun alle Freiheit nehmen, ihre Kernthemen starkzumachen. Natürlich die Ökologie, aber genauso das Recht auf ein menschenwürdiges Leben für alle, Gleichberechtigung und Antirassismus: Diese Themen müssen die Agenda bestimmen, in diesem Sinne muss sich die Gesellschaft weiter modernisieren.

Denn mit der erstarkten AfD ist klar, dass die Grünen die einzige Kraft sind, die entschlossen und ohne taktische Einschränkungen ihren Freiheitsbegriff formulieren und für eine wirklich freie Gesellschaft kämpfen können. Denn es sind allein die Grünen, die so gut wie keine Stimmen an die AfD verloren haben.

Alle, wirklich alle anderen Parteien haben das kräftig getan und müssen ihre Schlüsse daraus ziehen. Darauf dürfen die Grünen durchaus stolz sein. Aber es zwingt sie auch, klare Politik zu machen – von dieser Verpflichtung dürfen die Grünen sich nicht befreien.

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Ines Pohl
Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)
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12 Kommentare

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  • 8G
    8545 (Profil gelöscht)

    Nach Kretschmanns LEX Roma will ich von den Grünen nichts mehr zum Thema Freiheit hören!

     

    Kein Wunder, wenn die kaum Stimmen an die AFD verlieren:

    AFD auf Fahrrädern!

  • "Denn es sind allein die Grünen, die so gut wie keine Stimmen an die AfD verloren haben."

     

    Das ist so nicht ganz wahr: http://wahl.tagesschau.de/wahlen/2014-05-25-EP-DE/analyse-wanderung.shtml

     

    Die AfD hat zumindest bei der Wahl in Sachsen und bei der Europawahl Stimmen von ehemaligen Grünenwählern erhalten.

     

    Was die Freiheit anbelangt: Ja, da musste ich grinsen. Den ganzen Artikel über, weil es einfach so unfassbar lächerlich ist. Die Grünen haben alles Freiheitliche vertan, seit ihre Politik weitgehend Mainstream ist. Das Problem der Grünen ist, dass sie seither für die Freiheit vermeintlich schützenswerter Kleinstgruppen die individuelle Freiheit der Einzelnen einschränken. Dummerweise trifft dies auch vermeintlich Schützenswerte.

     

    MfG

     

    Ein Araber, der nicht "beschützt", sondern einfach nur in Ruhe gelassen werden möchte

    • @Echt jetzt?:

      Witzig war auch das Werbebild das tagelang in der TAZ zu sehen war: eine Reiterin mit deutlichem Überhang nach rechts.

  • Wie bitte? Auch die Grünen verlieren Wähler an die AfD.

  • Warum "Freiheit" ein besonderes Thema für Deutschland ist?

     

    Es ist nicht lange her, als die Berliner Mauer „gefallen“ ist. Die Bilder der auf der Mauer tanzenden Menschen am 9. November 1989 gehören zu den glücklichsten aus der Geschichte Deutschlands. Davor flohen unsere Brüder und Schwestern ALS FLÜCHTLINGE aus der ehemaligen DDR.Was hat den Menschen in DDR Hoffnung und Kraft bei Ihrem Kampf für die FREIHEIT gegeben? Das war Grundgesetz, das immer gilt, und die Werte, die es prägen, als Antrieb und Ermutigung, - niemals aufzugeben.

     

    Die WÜRDE des Menschen, die FREIHEIT der Person, die FREIHEIT des Glaubens und des Bekenntnisses, die Rechtsstaatlichkeit und die sozialstaatlichen Selbstverpflichtungen, die im Grundgesetz festgeschrieben sind, hatten die Bundesrepublik zum menschenfreundlichsten Staat werden lassen, den es je auf deutschem Boden gegeben hat.

     

    Hätten unsere Brüder und Schwestern in der ehemaligen DDR aufgegeben, für die Freiheit zu kämpfen, würde die MAUER immer noch stehen und die WENDE käme nie.

     

    Darum müssen alle Flüchtlinge, unabhängig von deren Herkunft, geschützt werden.

     

    Darum darf das Asylrecht, durch die Entscheidung im Bundesrat morgen, nicht verschärft werden.

     

    Darum erwarten die Menschen in Deutschland, von einer Volkspartei, wie die Grünen, sich für alle Menschen und deren FREIHEIT, immer und überall einzusetzen!

  • "Gerade durch das Erstarken der AfD müssen die Grünen sich nun alle Freiheit nehmen, ihre Kernthemen starkzumachen. Natürlich die Ökologie, aber genauso das Recht auf ein menschenwürdiges Leben für alle, Gleichberechtigung und Antirassismus"

     

    Demnach sind die Grünen einfach in der Pflicht vor dem Volk: Gegen die Erweiterung der Sicheren Herkunftsländer im Bundesrat zu stimmen.

  • "Denn es sind allein die Grünen, die so gut wie keine Stimmen an die AfD verloren haben."

     

    Leider verstehe ich das Argument nicht. Es könnte ja auch bedeuten, dass die Grünen selbst genügend AfD-Themen vertreten.

    • @Faulpelz:

      Der PARTEI geht es ähnlich, das wurde hier aber auch nicht thematisiert.

  • "freedom `s just an other word for nothing left to lose."

    (Kris Kristofferson)

  • 8G
    8545 (Profil gelöscht)

    Über Freiheit reden, können die bestimmt gut.

    Die Grünen werden morgen im Bundesrat zeigen, was ihnen ihre freiheitlichen Kernthemen wert sind.

    Wenn die Grünen morgen dafür sorgen, dass plötzlich alle Sinti und Roma aus "sicheren Herkunftsländern" kommen. Dann bedienen sie erstmal ein Kernthema der AFD.

    Danach können sie dann ausgiebig über Freiheit reden...

    Vielleicht werde ich ja morgen positiv überrascht von den Grünen.

    Überrascht haben die mich schon oft...

     

    http://action.amnesty.de/l/ger/p/dia/action3/common/public/?action_KEY=9733&d=1

  • Dass die Grünen wenig an die AfD verloren haben, liegt wohl eher an der Realitätsferne vieler Grünenwähler. Ich erlebe oft grüne Wahlhelfer in der Umgebung meiner Wohnung: Von ESM, Schuldenunion etc hatten die nichts gehört und sie wollten die halbe Welt nach Deutschland holen, weil ja überall Menschen diskriminiert werden.

    Man schaue sich mal das Video mti den 3 EU-Abgeordeneten an, Juhhe ...

    WER wählt solche Leute?

    • @Tupaq:

      die taz ;)