Werder Bremen rauscht in den Tabellenkeller: Die Leiden des SV Werder
Werder Bremen verliert gegen den VfL Wolfsburg 1:2 und gehört nach sechs Spielen ohne Sieg zu den Kellerkindern der Liga.
BREMEN taz | Seine Versuche, den Mangel des SV Werder Bremen in schöne Worte zu kleiden, klingen leicht naiv. Im Angriff: „sehr griffig“. Das Pressing: „sehr ordentlich“. Die Moral: „wirklich bewundernswert“. „Wir haben nie aufgesteckt“, sagte Robin Dutt und klang so optimistisch, als habe seine Mannschaft gerade den Weg in die Spitzengruppe der Fußball-Bundesliga geschafft. Tatsächlich gehört Werder nach sechs Spieltagen ohne Sieg zu den Kellerkindern der Liga. Auch nach der 1:2(1:1)-Niederlage beim VfL Wolfsburg gilt: In der Hackordnung der stets bemühten und am Ende doch erfolglosen Teams nehmen die Bremer derzeit eine Spitzenposition ein.
Bei der Aufarbeitung der Misere eines Vereins, der sich einen Sparzwang ohne hochkarätige Neuzugänge verordnet hat, werden höchst unterschiedliche Töne angeschlagen. Dutt versuchte, aus dem Tor zum zwischenzeitlichen 1:1 (37. Minute) durch Marnon Busch und die knappe Niederlage ein Höchstmaß an Zuversicht zu schöpfen. Er redet ein Team stark, das den Wolfsburger Treffern von Ricardo Rodriguez (15.) und Ivica Olic (57.) nur ein bescheidenes Aufbäumen entgegengesetzt hatte.
Werder etabliert sich in einer Krisenregion der Bundesliga und sucht verzweifelt nach anderen Teams, deren Zustand ähnlich alarmierend ist. „Es gibt ein paar Mannschaften auf unserer Augenhöhe“, findet Dutt. Während er weiter den Gute-Laune-Onkel gab, klang die Analyse von Thomas Eichin deutlich selbstkritischer. „Wir müssen auch mal etwas mitnehmen. Wir müssen es mal schaffen, keine Fehler zu machen“, sagte der Geschäftsführer der Bremer und sah dabei bitterernst bis böse aus.
Es klingt fast wie Mitleid. Woche für Woche betonen die mit Punkten beschenkten Gegner, dass Werder Bremen eigentlich ganz ordentlichen Fußball spiele. Doch mit Blick auf die Tabelle stellt sich allmählich die Frage, wie viele Konkurrenten das stark verjüngte und damit nur bedingt verbesserte Team wirklich hinter sich lassen könnte. Es gibt Entwicklungsschritte wie zum Beispiel im Fall von Rechtsverteidiger Busch, der seinen ersten Saisontreffer ausgiebig feierte. Aber der 19-Jährige, aus dem eigenen Nachwuchs aufgerückt, hatte vor dem 0:1 eben auch einen Ballverlust zu verantworten, aus dem ein folgenschwerer Konter entstanden war.
29.117 Zuschauer staunten darüber, wie schnell die Wolfsburger Kevin de Bruyne als Passgeber und sein Kollege Rodriguez von Abwehr auf Angriff umschalten konnten. Auf dem Weg zu seinem Treffer hatte Rodriguez den Bremer Rivalen Izet Hajrovic so leichtfüßig abgehängt, als hätte dieser eine Bleiweste mit sich herumgeschleppt. In Szenen wie diesen zeigt sich, dass es der Mehrheit der Werder-Profis an individueller Klasse fehlt. Geschäftsführer Eichin bestreitet das aus guten Gründen. Er möchte keinem vor das Schienbein treten, kann aber nicht so penetrant beschönigen wie Dutt.
Es bleibt fraglich, ob Werder Bremen nach sechs Spieltagen schon eine Krise bescheinigt werden muss oder ob die bisher gezeigten Leistungen vielleicht sogar einen realistischen Hinweis auf ein düsteres Szenario geben. Die Statistik verrät, dass die Hanseaten den schlechtesten Saisonstart seit 44 Jahren hingelegt haben. Ihre Hauptdarsteller laufen viel, kämpfen auch, bleiben aber vor allem in der Offensive zu harmlos. „Wir haben uns als Mannschaft verbessert. Aber die anderen eben auch“, befürchtet Geschäftsführer Eichin und verlangt, dass im bevorstehenden Heimspiel gegen den SC Freiburg ein Sieg gelingt.
Ein Erfolg sei dringend und zwingend notwendig. Ob eine solche Forderung der Mannschaft den Ernst der Lage verdeutlichen soll oder sogar als klarer Auftrag an den Trainer verstanden werden muss, bleibt diskutabel. Die Spieler sind jedenfalls von der Version ihres Trainers überzeugt, dass sie eigentlich gut spielen, während immer andere den Lorbeer einheimsen. „Wolfsburgs weiß wahrscheinlich selber nicht, warum sie gewonnen haben“, meinte Werder-Kapitän Sebastian Prödl.
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