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Folgekosten von AtomkraftWo ist die Kohle?

Die Bundesländer fordern Klarheit: Wer zahlt den Abbau eines AKW, wenn der Betreiber pleite ist? Was passiert, wenn sich ein Konzern verweigert?

Braucht kein Mensch. Aber auch der Abbau des Vattenfall-AKW Krümmel kostet Geld Bild: dpa

BERLIN taz | Eon, RWE, Vattenfall und EnBW haben für die Zukunft vorgesorgt – das behaupten sie zumindest gerne: Die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke haben 36 Milliarden Euro auf der hohen Kante, um die Meiler nach Betriebsende wieder abzubauen.

Seit Monaten tobt bereits eine Diskussion, ob das Geld bei den Konzernen sicher aufgehoben ist. Der Bundesrat forderte am Freitag von der Bundesregierung nun Klarheit darüber: Die solle untersuchen, wie die Rückstellungen sicherer gemacht werden können.

Außerdem will die Länderkammer verhindern, dass sich die Unternehmen aus der Verantwortung stehlen. Vattenfall hat nach Angaben von Umweltschützern seine deutsche Tochter so aufgestellt, dass bei einer Pleite der schwedische Mutterkonzern nicht mehr für den Rückbau der AKWs haftbar wäre.

Nun soll die Bundesregierung prüfen, wie eine verbindliche Verpflichtung der Konzernmütter für die Rückbaukosten geschaffen werden kann. „Wir haben hart um diesen Beschluss gerungen. Er ist das klare Signal der Länder, dass sie der Gesellschaft verpflichtet sind und nicht der Atomlobby. Gut, dass diese Erkenntnis sich nun durchgesetzt hat“, sagte Schleswig-Holsteins grüner Energiewendeminister Robert Habeck, dessen Land den Antrag mit eingebracht hat.

Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft

Allerdings wurde dieser nur in einer abgeschwächten Form verabschiedet. Aus einer ursprünglich klaren Aufforderung an den Bund ist die Bitte um Prüfung geworden. Vor allem Nordrhein-Westfalen, in dem die Konzerne Eon und RWE ihren Hauptsitz haben, pochte auf die Änderungen.

In der Begründung des Bundesrates taucht auch ein besonders kontroverses Thema auf: Die Regierung solle auch einen öffentlich-rechtlichen Fonds prüfen. In einem solchen Modell müssten die Konzerne ihre Rückstellungen allmählich in einen öffentlich kontrollierten Fonds überführen. In der Schweiz, Finnland, Schweden und Norwegen gibt es ähnlich Modelle.

Leicht zu verwirklichen wäre das in Deutschland nicht. Denn wie genau die Rückstellungen verbucht sind, darüber ist von den Konzernen wenig zu erfahren. Besondere gesetzliche Vorgaben dazu gibt es nicht. Die Gelder lassen sich nicht einfach von einem Konto aufs nächste überweisen, sie sind zum Teil in neue Investitionen wie Kraftwerke oder Unternehmenszukäufe geflossen.

Praktisch wird der Rückbau der AKWs also aus dem laufenden Betrieb der Konzerne gezahlt. Der allerdings läuft nicht so schlecht, wie oft dargestellt: RWE etwa erwartet aus dem laufenden Betrieb einen Gewinn von bis zu 4,3 Milliarden Euro in 2014, Eon vor Sonderabschreibungen, Zinsen und Steuern gar von bis zu 8,6 Milliarden.

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5 Kommentare

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  • Grüne Schizophrenie

     

    Eigentlich war das mal so gedacht:

    " Finanzmittel werden ausschließlich in werthaltige Güter (z.B. Kraftwerke/Netze) investiert [23]. ....

    Die Unternehmen E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall zählen in ihrer Wirtschaftskraft und ihrer Substanz zu den führenden Unternehmen Europas.

    Strom braucht jeder und auf Dauer. Die langfristige Nachfrage nach diesem Produkt stellt die dauerhafte Existenz dieser Unternehmen sicher."

     

    Leider, leider haben sich die Zeiten geändert.

    Mit der Energiewende sind neue Ziele ausgegeben worden.

     

    - Vernichtung aller Grosskonzerne im Energiebereich.

    - Errichtung einer Energie Subsistenzwirtschaft - wir werden alle Energiemüller (oder Energie Proletarier, die von den Energiemüllern kaufen müssen).

     

    Dezentral, kleinteilig, neben der Bäckerei und Bio-Laden ist die Ortsteil -Energieerei wo ich meinen Strom kaufen muss.

     

    Wer das für irre hält, hat noch nie Hermann Scherr, Franz Alt oder Bücher wie "Schlaue Netze" oder das EEG gelesen.

     

    Anyway, ein Konzern, den ich implizit in den Ruin treiben will kann nicht unendlich lange gemolken werden. Ergo versucht man noch möglichst schnell auch diese Kohle in Staatsbesitz zu bringen.

     

    Bleibt die Frage ob das Geld beim Staat besser aufgehoben ist. Läuft wahrscheinlich so wie bei allen Steuern- alles in den Topf und versoffen für Rente und Krankenkasse.

     

    siehe auch http://www.kernenergie.de/kernenergie/themen/finanzierung/rueckstellungen.php

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Ein AKW wird rückgebaut. Und danach soll auf dem Grundstück wieder Gras für Kühe wachsen? Vielleicht wäre es besser das AKW als Ruine stehen zu lassen. Dann sieht man wenigstens, wo es giftig ist.

    • @774 (Profil gelöscht):

      Sie haben sicher spezielles Wissen darüber, dass ein AKW den Boden verseucht. Welches sind genau die physikalischen Vorgänge, die da ablaufen?

      • 7G
        774 (Profil gelöscht)
        @Peter Stengel:

        Bauen Sie doch einfach auf einem solchen Grundstück ihr Haus. Dann werden wir es alle sehen können.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    NRW bremst den Antrag aus. Wer hätte das gedacht? Kraft & Gabriel - die Garanten für Kohle- und Nuklearindustrie. Es wird -wieder mal- deutlich wie sehr die sich um die Belange des Bevölkerung kümmern.