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Neues Stadion für den SC FreiburgGrüne wollen in die Erste Liga

Freiburg will für 70 Millionen Euro ein Stadion bauen und im TV-Fußballzeitalter ankommen. BürgerInnen finden, dass das nicht zur Öko-Stadt passt.

Zu klein? Das jetzige Stadion des SC Freiburg. Bild: dpa

FREIBURG taz | „Forza Freiburg“ steht in Weiß-Rot, den Vereinsfarben des SC Freiburg, auf einem langen Banner, das über der Empore im Freiburger Ratssaal hängt. „Nie wieder grün?“ haben die Gegner auf ein kleines Leintuch geschrieben, dazu ein überspitztes Vorher-nachher-Bild: Schwarzes Stadion zerstört grüne Oase.

Die Größe der Plakate spiegelt das Stimmungsbild im Gemeinderat wider: 33 von 43 Stadträten haben am Dienstagabend dafür gestimmt, dass das neue Stadion für den SC Freiburg im Wolfswinkel gebaut werden soll.

Das Stadion-Projekt ist in der Stadt umstritten, Bürgerinitiativen kämpfen gegen den Standort im Wolfswinkel. Sie haben naturschutzrechtliche Bedenken, die von Experten der Stadt aber allesamt nicht als K.-o.-Kriterien eingestuft werden. Bevor nun weiter Geld in die Stadion-Planung investiert wird, dürfen am 1. Februar rund 170.000 Freiburger ab 16 Jahren abstimmen, ob sie dafür sind, dass die Stadt den SC Freiburg beim Neubau eines Stadions am Wolfswinkel finanziell unterstützt.

70 Millionen Euro soll das Stadion die Stadt kosten. Über die Pacht will Freiburg diesen Betrag vom SC zurückholen. 38 Millionen Euro muss die Stadt für die Erschließung des Geländes bezahlen.

Lieber Schulen umbauen

Das bisherige Stadion des SC liegt mitten im Wohngebiet Waldsee und kann nicht erweitert werden. Es wirkt mit seinen 24.000 Plätzen wie aus der Zeit gefallen – und aus der Liga: Für Fernsehteams, die Erstligaspiele übertragen, ist kaum Platz. Seit 2011 wurden 24 neue Standorte geprüft. Nur einer ist aus Sicht der Stadt geeignet, für die Grünen sogar „perfekt“: der Wolfswinkel im Stadtteil Mooswald. In einer Computersimulation fügt sich das Stadion dort zwischen dem neuen Universitätsquartier, das gerade gebaut wird, und dem Flugplatz ein. 35000 Zuschauer, VIP-Logen und Trainingsplätze nebenan sind geplant. Bis 2020 soll das neue Sportgelände fertig sein.

Gisela Maas, eine energische Frau mit weißem Haar, wohnt im angrenzenden Stadtteil Mooswald und engagiert sich in der Bürgerinitiative gegen den Stadionbau. „Der Naturschutz ist vielen Leuten ziemlich wurscht“, das habe die Grundsatzentscheidung von Montag gezeigt. Das Geld, das für das Stadion ausgegeben wird, sähe sie lieber an der umbaubedürftigen Schule ihres Enkels.

Der Ex-Grünen-Stadtrat Wolf-Dieter Winkler, der jetzt als Stadiongegner für die Liste „Freiburg Lebenswert/Für Freiburg“ im Gemeinderat sitzt, sagt: „Ich hätte nie gedacht, dass die Grünen für ein Verkehrskonzept stimmen, das die Schaffung von 2.000 Stellplätzen vorsieht. Damit dürften sie bundesweit ein Alleinstellungsmerkmal haben.“

Drei Füchse, ein Hase

Der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon und die Grünen-Fraktion im Gemeinderat verteidigen die geplante Investition. Fraktionschefin Maria Viethen sagt: „Wir sind der Meinung, ein Stadion gehört zur Ausstattung einer Stadt.“ Außerdem sei der Flächenverbrauch im Wolfswinkel deutlich geringer als an anderen Standorten. 2.000 Stellplätze bei 35.000 Stadionbesuchern sei nicht überdimensioniert. Laut Viethen wird ihre Partei darauf drängen, dass das Stadion im Betrieb möglichst grün sei.

In der Gemeinderatsvorlage heißt es, dass die Möglichkeit bestehe, mit der benachbarten Universität und dem Fraunhofer-Institut innovative Energieversorgungskonzepte für das Stadion zu entwickeln. Dem Vernehmen nach laufen Verhandlungen, eine offizielle Bestätigung gab es gestern nicht.

Bis zum Bürgerentscheid will Gisela Maas mit der Bürgerinitiative noch mal Gas geben. Aber sie ahnt: „Das ist, wie wenn drei Füchse und ein Hase entscheiden, was es zum Abendessen gibt.“

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7 Kommentare

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  • Die Segelflieger werden vergessen! Der Wolfswinkel ist nicht nur Klimeschneise, Naturschutz- und Naerholungsgebiet, sondern auch Heimat der Segelflieger und Fallschirmspringer, die seit vielen Jahrzehnten in respektvollem Umgang mit der Natur ihren Sport ausüben. Darf einem Fußballverein das egal sein, wenn er diese verdrängt, nur weil er größer ist? Wo ist die Sportlichkeit? Die Stadt Freiburg ist gegen den Flugplatz Freiburg, das war sie schon immer. Anstatt sich selbst die Hände schmutzig zu machen, wird der Sportclub benutzt. Für immer mehr Freiburger ist das die erbärmlichste Art der kleingeistigen Provinzialpolitik der technokratisierten "Grünen" Neidmenschen.

  • 8G
    88862 (Profil gelöscht)

    Ein Bürgerentscheid - das ist grüne basisdemokratische Politik. Einen fortschrittlichen Vorschlag für eine Großstadt mit Bundesligaclub machen und dann die Menschen entscheiden lassen - so macht man gute Politik. Da dürften sich andere mal eine dicke Scheibe abschneiden.

  • Diese ganzen "Gutmenschen", die sich gegen alles und jedes wehren, gehen mir so auf den Senkel. Bebauung in Wohngebietsnähe, Schwachsinn, 500 Meter Luftlinie vom nächsten Haus entfernt. Beißschrecke, Heuschrecke und Eidechse, alles brutal wichtig. Ich wohne Luftlinie 20 km vom. Atomkraftwerk Fessenheim im Elsass entfernt, da bekommen die Bürgerinitiativen nichts auf die Reihe. Gisela Maas, weißhaarig, Bürgerinitiative, die Frau hat zu viel Zeit, sie könnte sich ja um pflegebedürftige Mitmenschen oder die Integration von Migranten kümmern. Dann hätte sie eine sinnvolle Beschäftigung. Und der momentan bestehende Flughafen ist ja sowas von umweltfreundlich...

  • Diese Diskussion hier in Freiburg zeigt nun endlich der bundesweiten Öffentlichkeit, das greencity Freiburg nur in der Forschung und in der kränkelnden Solarbranche tatsächlich grün ist. Natürlich gibt es auch hier transitionTown -Anhänger und Kämpfer und den ein oder anderen echten ÖKO, aber die breite Masse tut nur so als ob, vegan sein gehört zum HIP sein und der erste grüne Bürgermeister einer deutschen Großstadt hat sein "GRÜN" schon längst an den Nagel gehängt: Flächenverdichtung, das versiegeln von Grüninseln (Platz der alten Synagoge) und das zustimmen für gentrifiziertes Wohnen (nachdem die "Heuschrecke nicht kommen durfte , jetzt halt so!) sind nur ein paar Beispiele dass Salomon sein Gesicht bereits verloren hat, schade dass nun die Stadt ihr Gesicht auch noch verlieren muss!

    • @SilenZ:

      "...schade dass nun die Stadt ihr Gesicht auch noch verlieren muss!"

       

      Wo hat denn Freiburg sein Gesicht verloren? Doch wohl nicht im Wolfswinkel? Schon eher mit der unendlichen Geschichte UNI Bibliothek.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        seit etwa 10 Jahren Stück für Stück, ja Uni-Bib, UnterLinden, Unmüßig-Bauten hier und dort und überall,Gutleutmatten, Stühlingers- Kernsanierungen bald der Platz der alten Synagoge ... .... ...

  • Ich bin kein großer Fußballfan. Vielleicht bin ich deshalb dafür, endlich einen Ersatz für das Dreisamstadion zu bauen. Das alte Stadion liegt verkehrsungünstig und mitten im Wohngebiet. Jedes Spiel des SC ist deshalb für die Anwohner und auch für Leute die da lang fahren müssen ein sehr zwiespältiges Vergnügen.

     

    Der neue Standort am Stadtrand ist gut gewählt. Mir ist aber ein Rätsel, wo Frau Maas ihre naturschutzrechtlichen Bedenken hernimmt. Wer bei dem Namen „Wolfswinkel“ an ein Paradies für wilde Tiere denkt, irrt. Wir reden von einer gewöhnlichen Wiese neben dem Flugplatz und dem neuen Teil der UNI. Da ist nicht viel Natur.

     

    Aber vielleicht wollen Frau Maas und ihre Mitstreiter(innen) lieber ein Geldgrab anlegen, wie es vor einiger Zeit in einer Stadt im Ländle geschaffen wurde. Da wurde für mehrere Hunderttausend (3 oder 400.000) Euro ein Echsenschutzgebiet angelegt. Die nachfolgende Zählung der Begünstigten ergab 3 oder 4. Es waren auf jeden Fall 100.000 Euro (in Worten Einhunderttausend Euro), die pro Echse investiert wurden. Das ist Naturschutz der dummen Art.