CDU-Politiker über Rot-Rot-Grün: „Bisher war das ja alles nur Folklore“
Kommt Ramelow, wird CDU-Fraktionschef Mike Mohring Oppositionsführer. Für ihn ist noch offen, ob Rot-Rot-Grün eine Mehrheit zusammenbekommt.
taz: Herr Mohring, der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag steht. Stellen Sie sich schon auf Ihre neue Rolle als Oppositionsführer ein?
Mike Mohring: Zunächst muss Rot-Rot-Grün eine Mehrheit im Parlament abbilden. Bisher war das ja alles nur Folklore. Entscheidend ist also die Frage, ob diese Dreierkoalition zur Wahl eines Ministerpräsidenten wirklich eine Mehrheit im Parlament zustande bringt. Das wird sich erst am 5. Dezember zeigen.
Wird Ihre Landesvorsitzende Christine Lieberknecht am 5. Dezember gegen Bodo Ramelow antreten?
Es gilt, was ich gerade gesagt habe: Rot-Rot-Grün braucht zur Regierungsbildung eine Mehrheit im Parlament. Darauf kommt es an. Die sind in der Lieferpflicht. Wir als CDU werden unsere Strategie intern besprechen und uns verständigen und dann am 5. Dezember auch entsprechend handeln.
Neu im Landtag sitzen elf AfD-Abgeordnete. Gibt es zwischen Ihren beiden Fraktionen Gespräche über ein mögliches Abstimmungsverhalten?
Das würde ja nichts bringen. CDU und AfD bilden im Parlament keine Mehrheit.
Aber die AfD könnte gemeinsam mit Abweichlern Bodo Ramelow verhindern.
Verhindern kann man mit einer Minderheit relativ wenig.
Der 42Jährige ist Chef der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag. Ihm wird nachgesagt, er wolle Mitte Dezember Nachfolger der Landesvorsitzenden Christine Lieberknecht werden.
Die AfD hat im Wahlkampf stets betont, Christine Lieberknecht wegen ihrer CDU-Mitgliedschaft bereits zu DDR-Zeiten auf keinen Fall zur Ministerpräsidentin zu wählen. Meinen Sie, ein Mike Mohring wäre für Björn Höckes Fraktionskollegen wählbar?
Ich kann nur für die CDU sprechen. Und da bleibt es dabei: Rot-Rot-Grün möchte Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten machen. Also müssen die beweisen, dass sie mit ihren 46 Stimmen den ersten und zweiten Wahlgang knacken. Was wir als CDU machen werden, verabreden wir noch. Ich habe alle in meiner Fraktion gebeten, dass wir das intern besprechen – daran werde ich mich selbst auch halten. Da bitte ich um Verständnis.
Am Abend vor der Ministerpräsidentenwahl soll es in Erfurt wieder eine Demonstration gegen Rot-Rot-Grün geben. Werden Sie hingehen?
Die Veranstalter – engagierte Bürger – rechnen mit fünftausend bis zehntausend Bürgerinnen und Bürgern, die mit der Kerze in der Hand am Vorabend der Ministerpräsidentenwahl noch einmal ihren Protest, ihre Sorge und ihren Unmut zum Ausdruck bringen. Das wollen sie sogar noch einmal am Morgen der Landtagssitzung mit einem Trillerpfeifenkonzert tun. Am Abend des 4. Dezember werde ich, wenn es mein Terminkalender erlaubt, auch dabei sein. Aber es kommt da eigentlich nicht auf mich an. Entscheidend ist, ob die Bürger, die parteipolitisch ungebunden sind, sich aufmachen und ihren Protest zeigen.
Leser*innenkommentare
10236 (Profil gelöscht)
Gast
"Entscheidend ist, ob die Bürger, die parteipolitisch ungebunden sind, sich aufmachen und ihren Protest zeigen."
Vor allem, weil der Veranstalter (Clarsen Ratz) doppelt gebunden ist - als CDU-Mitglied und der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung.
Celsus
Fast könnte ich lachen. Da demonstrieren also Leute, die eine Partei wählen, die selber als Blockflöte eine SED-Filiale war, gegen die LINKE als SED-Nachfolgerin. Wenn die das ernsthaft und ohne Heuchelei begründen können, wird das ein Bumerang für die CDU. Deren Führungsetage ist doch in Thüringen beherrscht von den Blockflötisten!
88862 (Profil gelöscht)
Gast
Engagierte Bürger demonstrieren gegen demokratische Wahlen und Wahlergebnisse - eine interessante Entwicklung da in Thüringen ...
anton philips
Ja, Uli, das ist es auch.
Es ist auch gelebte Demokratie, und sehr wichtig dass es nicht nur beim Wahlgang praktiziert wird.
Ich finde es gut.
Manuel
Ich wünsche Rot Rot Grün viel Erfolg. Endlich mal eine progressive Alternative zur Merkel-"Alternativlos"-Politik.
Auf dass sich diese Koalition überhaupt letztlich auf Ramelow im Parlament einigt und sich anschließend nicht zerfleischt.
Es wäre ein wichtiger Fingerzeig auch auf Bundesebene...
anton philips
Na ja, ob es sich als progressiv erweist müssen wir erst mal sehen, Manuel.
Ich denke aber, dass die Risiken dass die Unterschiede Oberhand bekommen sehr gross ist. Dann werden wir sehen ob es eine gute Idee war. Wenn es Thuringen voranbringt, gut - egal was es auf Bundesebene bedeutet (wo ein solche eine Kombination aktuell für mich der GAU für Deutschland wäre).