Machtkämpfe in Sanaa: Der Jemen, eine US-Drohnenbasis
Zum zweiten Mal in vier Jahren verlieren die USA im Jemen einen Verbündeten im Kampf gegen al-Qaida. Aber die Regierung stellt sich auf die Zukunft ein.
WASHINGTON taz | Angesichts der Entwicklung im Jemen kommen aus Washington widersprüchliche Meldungen. Der Antiterrorkampf der USA sei behindert, hieß es am Samstag aus ungenannten militärischen und geheimdienstlichen Quellen. Die Kampagne gegen al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (Aqap) sei „gelähmt“ und die Drohneneinsätze im Jemen seien gestoppt.
Am Sonntag widersprach Präsident Barack Obama persönlich. In Neu-Delhi erklärt er auf einer Pressekonferenz: „Das ist nicht akkurat. Wir verfolgen weiterhin hochwertige Ziele im Inneren von Jemen.“ Auch Pentagon-Sprecher John Kirby bestätigte, dass die „partnerschaftlichen“ Schläge gegen al-Qaida weitergehen.
Am Dienstag will der US-Präsident seinen Indien-Besuch vorzeitig abbrechen, um in Saudi-Arabien, beim großen Nachbarn Jemens, dem neuen König persönlich zu kondolieren und US-Beistand zu demonstrieren.
Für die USA ist der Jemen eine Abflugbasis für Drohneneinsätze gegen al-Qaida. Deren örtliche Gruppe ist nach Washingtoner Interpretation die gegenwärtig stärkste und gefährlichste Zweigstelle des Terrornetzwerks. Sowohl die CIA als auch das US-Militär unterhalten Drohnenbasen im Jemen. Eine unbekannte Zahl von US-Ausbildern und -Agenten ist gegenwärtig im Land, um diese Basen zu betreiben.
Allein in der zweijährigen Amtszeit des in der vergangenen Woche zurückgetretenen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi haben die USA mindestens 107 Drohnenanschläge gegen Aqap im Südjemen durchgeführt. Und sie basierten auf der Zusammenarbeit mit den jemenitischen Geheimdiensten und dem Militär.
Verworrene Lage
Seit Ende vergangenen Jahres – möglicherweise wegen der zunehmend komplizierten Gemengelage im Jemen – wurden keine Drohnenangriffe bekannt. Es ist unklar, ob die jemenitischen Organisationen, mit denen die USA im Anti-al-Qaida-Kampf zusammenarbeiten, bereits unter Kontrolle der Huthi-Rebellen stehen.
Unklar ist auch, wer im Moment das Militärgerät kontrolliert, das die USA dem Jemen geliefert haben. Seit 2000, als die Anti-Terrorismus-Zusammenarbeit nach dem Überfall auf die „USS Cole“ begann, haben die USA alljährlich „Hilfen“ im Wert von mehreren hundert Millionen Dollar an das ärmste Land der Region geliefert. Nur ein winziger Teil davon ist nichtmilitärischer Natur.
Hadi ist der zweite von den USA unterstützte jemenitische Präsident, der binnen vier Jahren gestürzt wurde. Mit dessen Vorgänger Ali Abdullah Saleh hat schon US-Präsident George W. Bush gut zusammengearbeitet.
Ein enthusiastischer Partner
Die Regierung weiß, dass die Kooperation mit den USA bei der jemenitischen Bevölkerung unpopulär ist. Beim Brookings Institute in Washington prognostiziert Geheimdienstexperte Bruce Riedel, dass es schwer sein wird, erneut so „enthusiastische Partner“ im Jemen zu finden.
Offiziell betrachtet die US-Regierung Hadi noch als Präsident. Doch sie stellt sich bereits auf die Zusammenarbeit mit neuen Machthabern ein. Im Außenministerium nennt eine Sprecherin die Huthi eine „legitime politische Kraft“. Und sagt: „Das jemenitische Volk muss selbst über seine Zukunft entscheiden.“
Die Huthi verwenden zwar Parolen, in denen sie den USA und Israel den Tod wünschen. Aber sie haben mit den USA einen gemeinsamen Feind: al-Qaida.
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