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Kolumne Gott und die WeltBruder Bachmann

Kolumne
von Micha Brumlik

Im Hitlerimitator Lutz Bachmann verkörpert sich die geheime Lust, zuzuschlagen. Über den Zusammenhang von Pegida, AfD und RAF.

Abgespaltener Schatten: Lutz Bachmann Bild: reuters

W as haben Pegida, die AfD und die RAF miteinander gemeinsam? Die RAF? Jawohl, die RAF! Also jene linksterroristische, sich „Rote Armee Fraktion“ nennende Stadtguerilla, die in den 1980er Jahren mit ihren Anschlägen und Überfällen sowie der darauf folgenden, hysterischen Überreaktion des westdeutschen Sicherheitsapparates die Bundesrepublik in eine schwere Krise stürzte.

Was das mit Pegida zu tun hat? Übers Wochenende war zu lesen, dass Alexander Gauland, der Bachmanns Pegida demonstrativ besucht hatte, ihm jetzt „Verrat“ vorwirft; jetzt, nachdem sich Bachmann ehrlicherweise als das geoutet hat, was er immer schon war und alle wissen konnten: als Nazi.

Jetzt erst kritisiert Alexander Gauland – er schuf vor Jahren aus dem CDU-Provinzpolitiker Wallmann die Kunstfigur des urbanen Frankfurter Oberbürgermeisters – den vorbestraften Lutz Bachmann. Nicht anders Pfarrersfrau Frauke Petry, die noch immer nicht bedauern mag, mit Pegida, verkörpert durch Bachmann, gesprochen zu haben.

Was das alles mit der RAF zu tun hat? Wie bei der AfD zeigte sich auch bei der RAF die heimliche Liebe des deutschen Bürgertums zu politischen Desperados. Was Andreas Baader für Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin war, war für Gauland und Petry der nicht nur wegen Kokainbesitzes verurteilte Bachmann: Ausdruck der vor sich selbst verborgenen geheimen Lust zuzuschlagen.

Delikte über Delikte

Bachmann wurde zu drei Jahren und acht Monaten wegen Einbruchs, Diebstahls und Körperverletzung sowie zu einer weiteren Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Andreas Baader war längst wegen vielfacher Verkehrsdelikte sowie Dokumentenfälschung verurteilt, als er 1968 die rebellische Pfarrerstochter Gudrun Ensslin kennenlernte. Im Mai 1970 befreite Ensslin gemeinsam mit Ulrike Meinhof, einer zunächst pazifistischen Bildungsbürgerin, Andreas Baader gewaltsam aus der Haft.

Mehr als dreißig Jahre früher verfasste Thomas Mann, der die innere Befindlichkeit des deutschen Bürgertums wie kein anderer kannte, in Kalifornien seinen Aufsatz „Bruder Hitler“.

Darin ist nachzulesen, was allemal auf Baader und Bachmann sowie auf deren VerehrerInnen Ensslin und Gauland zutrifft, nämlich wie sich – so Thomas Mann – „das unergründliche Ressentiment, die tief schwärende Rachsucht des Untauglichen, Unmöglichen, zehnfach Gescheiterten, des extrem faulen, zu keiner Arbeit fähigen Dauer-Asylisten und abgewiesenen Viertelskünstlers, des ganz und gar Schlechtweggekommenen sich mit den (viel weniger berechtigten) Minderwertigkeitsgefühlen eines geschlagenen Volkes verbindet“. Eines geschlagenen Volkes – gegenwärtig, im Winter 2014/2015 der rechtsgewirkten Dresdner Wutbürger.

In schmerzlicher Selbstreflexion erkannte Thomas Mann in Hitler die dunklen, die abgespaltenen Seiten seiner selbst. Ein anfänglich Hitler verehrender Schüler Sigmund Freuds, der Schweizer Psychiater C. G. Jung, schrieb in diesem Zusammenhang vom „Schatten“, der jeder menschlichen Seele innewohnt und der im Prozess der Reifung erkannt werden müsse. Die Führung der jetzt „nur“ noch rechtspopulistischen AfD darf dem Hitlerimitator Bachmann dankbar sein, ihr diesen Reifungsprozess ermöglicht zu haben.

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Autor und Kolumnist
1947 in der Schweiz geboren, seit 1952 in Frankfurt/Main. Studium der Philosophie und Pädagogik in Jerusalem und Frankfurt/Main. Nach akademischen Lehr- und Wanderjahren von 2000 bis März 2013 Professor für Theorien der Bildung und Erziehung in Frankfurt/Main. Dort von 2000 bis 2005 Direktor des Fritz Bauer Instituts – Studien- und Dokumentationszentrum zur Geschichte des Holocaust. Forschung und Publikationen zu moralischer Sozialisation, Bildungsphilosophie sowie jüdischer Kultur- und Religionsphilosophie. Zuletzt Kritik des Zionismus, Berlin 2006, Sigmund Freud. Der Denker des 20. Jahrhunderts, Weinheim 2006 sowie Kurze Geschichte: Judentum, Berlin 2009, sowie Entstehung des Christentums, Berlin 2010.Darüber hinaus ist er Mitherausgeber der „Blätter für deutsche und internationale Politik.“
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4 Kommentare

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  • Wenn nur noch im Schatten Hitlers politische Diskurse geführt werden, verdunkelt sich offenbar der Geist.

  • ich bin verwirrt, meiner Meinung nach geht es doch vielmehr bei dem "Kleinbürgern" um Law und Order. Das artet teilweise eben soweit aus dass sich "Bürgerwehren" zum Ausländerklatschen bilden, was dass mit Linksterrorismus zu tun hat, ist mir schleierhaft...

  • Was ist an den schon automatisiert ablaufenden Hetztiraden gegen neu entstehende politische Gruppierungen?

    Am Anfang war die SPD Ziel der Dauerhetze, deren Führer waren Unpersonen der Presse. Ja,ja, schon inden 50er-Jahren gab es eine Lügenpresse. Auch Gewerkschafter wurden diffamiert. Bis SPD und DGB gleichgeschaltet und diszipliniert (aufgekauft) waren.

    Es folgten die Grünen Bewegungen wegen ihrer Autofeindlichkeit. Auch sie endeten im Sumpf des Geldes und machten die kapitalistisch erzeugte Arbeitslosigkeit zur Erbschuld der Arbeitslosen.

    Zwischendurch war noch zeitweilig die FDP von den Studentenbewegungen okupiert. Die Studenten machten dann viel Kohle, verdrehten ihren Charakter und beteten als neue Religion den Mamon an, einschl. einer Abart des Kanibalismus.

    In letzter Zeit bezogen nacheinander die Piraten, die AfD und nun PEGIDA-Derivate öffentlich und privatwirtschaftlich geförderte Prügel.

    Aber inzwischen war das Internet als unkontrolierter Multiplikator für wirklich freier Meinungsäußerungen entstanden, was sicher auch abstruse Ansichten öffentlich macht.

     

    Die Politik flüchtete in Geheimbündelei, Demokratie und Rechtsstaat wurden lautlos beerdigt.

     

    Welchem öffentlichen Geschwätz kann ich noch trauen?

  • 4G
    4225 (Profil gelöscht)

    Gehört nicht eher die hysterische Überreaktion zu den Gemeinsamkeiten ?