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Kommentar FlüchtlingswohnungenBeeindruckend unkonventionell

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Warum lange zögern? Die Stadt Olpe macht vor, wie Behörden Flüchtlingen unbürokratisch helfen können.

Flüchtlinge werden oft in wenig schöne Unterkünfte abgeschoben. Bild: dpa

M an kann es als Beschlagnahme ansehen. Oder als Beschluss auf kurzem Dienstweg: Eine Landesbehörde in Nordrhein-Westfalen hat in Olpe auf eine ehemalige Familienferienstätte per Ordnungsverfügung zugegriffen. Sie will dort Flüchtlinge unterbringen.

Die Ferienstätte Regenbogenland des Kolpingwerks war erst kürzlich geschlossen worden – und die Bezirksregierung Arnsberg, die für Olpe zuständig ist, beschloss, den zweiten vor dem ersten Schritt zu machen: Inbesitznahme vor offiziellem Kauf. Beide Seiten sollen längst über einen Verkauf des Gebäudes verhandelt haben, um es als Flüchtlingsunterkunft umzubauen. Warum also die ganze Aufregung?

Und steht das katholische Kolpingwerk nicht für Nächstenliebe? In Olpe könnte sie unbürokratisch ausgelebt werden. Der schnelle staatliche Vollzug in dem kleinen Städtchen zeigt doch, wie dramatisch die Lage für die Flüchtlinge ist. Die Zahlen der Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen (und anderswo) steigt. Nicht aber der verfügbare Wohnraum.

In Olpe will man rasch helfen und wendete das Ordnungsbehördengesetz an. Das besagt, dass man „eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abwehren“ könne. Die „Gefahr“ ist in Olpe eher eine Notwendigkeit, nämlich die Obdachlosigkeit von Flüchtlingen zu verhindern.

Trotzdem könnte die Sache schiefgehen. Denn das gemeine Rechtsempfinden verlangt, dass der Staat nicht eben mal Eigentum beschlagnahmen kann. Es sei denn, es liegt eine Straftat vor. Insofern könnte der staatliche Eingriff in Olpe genau das hervorrufen, was er vermeiden will: Ressentiments gegen Flüchtlinge und Ausländer. Es kommt jetzt darauf an, wie die Politik mit der Bevölkerung kommuniziert.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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6 Kommentare

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  • Habe wir vergessen wie es nach 1945 bei uns war?

    Wohnungsnot bis zum geht nicht mehr. Waren nicht grosse Teile unseres Volkes selbst Flüchtlinge?

     

    In Olpe scheint es noch menschliches Leben auch in Behörden zu geben.

    Wenn das Kolpingwerk noch kräftig den Preis treiben will wird man es kaum als "Sozial" einstufen können und der vollen Steuerpflicht unterwerfen.

  • Der Mensch ist entscheidend und nicht das Geld. Deutschland erlebt in der jetztigen Zeit quasi eine zweite Geburt. Menschenrechte und Sozialstaatsprinzip werden immer öfter gelebt und nicht nur gelesen.

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Der letzte Abschnitt zeigt doch das Problem: das ist hier keine Beschlagnahmung, auch keine Enteignung. Es wird ja dennoch gekauft - nur eben schon vorher bezogen. Da besteht ein gewaltiger Unterschied, es wird aber wohl angesichts der Ressentiments (die es ohnehin schon gibt) schwierig werden, bestimmten Mitbürgern diesen Unterschied nicht nur zu erklären, sondern auch dafür zu sorgen, dass sie ihn verstehen.

    • @970 (Profil gelöscht):

      Naja, aber der Bezug findet ohne vorherige Zustimmung des Eigentümers statt. Das Kolpingswerk wurde nämlich laut eigener Bekundung von dem Beschluss überrascht.

       

      Und verkauft ist ein Haus erst wenn es verkauft ist, nicht wenn man Verkaufsgespräche führt

  • Es spricht nicht sehr für die Stadt Olpe, wenn der die der Staat zur Durchführung staatlicher Aufgaben kurzerhand auf privates Eigentumzurückgreift, soetwas ist Ausdruck von Willkür und Diktatur. Da wir in einer Demokratie leben ist der Vorgang zumindest strafrechtlich sehr bedenklich, er grenzt an staatlich befürwortete Enteignung, und auch wenn man "mit der Bevölkerung jetzt kommuniziert", wird man keine Pluspunkte ernten. Es gibt mit Sicherheit geeignete Gebäude im Besitz der Stadt

  • Also ich weiß nicht, was daran beeindruckend sein soll. Das ist eine riesige Sauerei. Warum macht das Land NRW das nicht immer, um sich zu sanieren. Skrupel scheint man ja nicht mehr zu kennen.