Proteste in brasilianischen Favelas: Die Polizei soll es richten
Nachdem ein Zehnjähriger von der Polizei im Elendsviertel in Rio de Janeiro erschossen wurde, gibt es weiter Proteste. Jetzt soll die Polizei die Lage unter Kontrolle bringen.
RIO DE JANEIRO afp | Nach dem Tod eines Zehnjährigen durch Polizeischüsse in einem Elendsviertel in Rio de Janeiro hat es am Sonntag erneut Proteste gegen Polizeigewalt in der brasilianischen Metropole gegeben. Dutzende Aktivisten der Organisation Rio de Paz zogen zur berühmten Strandpromenade von Copacabana und trugen symbolisch einen weißen Sarg im Sand zu Grabe. Damit erinnerten sie an den Tod eines Jungen, der am Donnerstag bei einem Polizeieinsatz in einer Favela getötet worden war.
In den Händen hielten die Demonstranten Schilder mit den Namen von 18 Kindern, die zwischen 2007 bis 2015 bei Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Drogenbanden in den Elendsvierteln von Rio ums Leben kamen. Auch der Zehnjährige starb nach Angaben der Polizei bei einem Schusswechsel mit Drogenhändlern, seine Eltern erklärten jedoch, er sei durch gezielte Polizeigewalt getötet worden.
Der Gründer von Rio de Paz, Antônio Carlos Costa, sagte, der Protest sei als „Weckruf“ für die brasilianische Bevölkerung zu verstehen. Die Hauptursache für den gewaltsamen Tod so vieler junger Menschen sei „die Kluft zwischen Arm und Reich“.
Der Gouverneur des Bundesstaats will jetzt mehr Sicherheitskräfte in die Favela schicken. Luiz Fernando Pezão sagte am Sonntag im Fernsehsender Globo, der Stadtteil Alemao werde „wiederbesetzt“ werden.
Die „Befriedung“ der Favelas steht im Zusammenhang mit der in Rio ausgetragenen Fußballweltmeisterschaft 2014 und den Olympischen Spielen im kommenden Jahr. Gouverneur Pezão sagte, bei der Besetzung seien diesmal keine Soldaten vorgesehen. 2010 hatten Armee und Polizei bereits einmal das Viertel eingenommen.
Leser*innenkommentare
Tecumseh
Der Stadtteil Alemao war der Ort, wo sich dies zugetragen hat und liegt in welcher Nähe zu den Austragungsorten der nächsten Olympiade?
Ardaga
Business as usual (und nur für die externen Medien etwas "besonderes"). Was da, mit dem zehnjährigen Buben "passiert" ist, der heute in Teresina begraben wird (auf Staatsmörder"kosten" wie uns "Globo" frei haus liefert - die Kosten sind in Anführungszeichen, weil es die Opfer sind die zahlen, wie steuer-staats-immer). Und idem Routine wie (Brasilo-) Staat, auch unter pinocchiolinker PT & Koalitionsmafiakonsorten, reagiert. Nämlich, wenn die Polizei so viel killt, dass es den eh schon apathischen Menschen (60.000 Mordopfer/Jahr!) doch aufstösst, wird mit noch mehr Polizei "das Problem in Angriff (umkehrbuchstäblich) genommen". Typisch brasilianisch (im 515. Jahr des Plangenozids an seinen UreinwohnerInnen) und typisch neoliberalstaatsautoritärzynisch.
KarlM
Tja, das liegt wohl doch vielelicht neben der Massenverarmung an den Gewinnspannen beim BTM-Handel?
Oder warum hat sich ausgerechnet in BR eine der weltweit führenden Untergrundindustrien für Handwaffenproduktion etabliert?