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Geklüngel statt Transparenz

VERBRAUCHERSCHUTZ Der Aufsichtsrat schmeißt den Vorstand raus, der Betriebsrat will den Aufsichtsrat absetzen: Beim Bund der Versicherten ist ein Machtkampf ausgebrochen

„Die Abberufung ist eine einzigartige Schweinerei“

BETRIEBSRAT GÉSA HUBER

VON ANJA KRÜGER

KÖLN taz | Die größte Lobbyorganisation für Versicherungskunden ist in einer tiefen Krise: Beim Bund der Versicherten (BdV) ist ein offener Machtkampf ausgebrochen, nachdem der Aufsichtsrat den Vorstand geschasst hat. Hintergrund sind fragwürdige Zahlungen an eine ehemalige Funktionärin, die der abberufene Vorstandschef Axel Kleinlein gestoppt hatte.

Mitglieder und Betriebsrat der Organisation wollen jetzt eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen, um den Aufsichtsrat abzusetzen. „Die Situation ist existenziell“, sagt der Hamburger Rechtsanwalt Joachim Bluhm, der für die Organisation wichtige Grundsatzurteile erstritten hat. „Es besteht die Gefahr, dass der Bund der Versicherten auseinanderbricht.“

Der BdV mit Sitz im schleswig-holsteinischen Henstedt-Ulzburg ist mit mehr als 53.000 Mitgliedern eine wichtige Stimme gegen die mächtige Versicherungslobby, die in Berlin und Brüssel großen Einfluss hat. Axel Kleinlein war seit 2011 Vorstandschef. Der eloquente Versicherungsmathematiker kann den Heerscharen tatsächlicher und vermeintlicher Experten aus der Branche bestens Paroli bieten. Bekannt geworden ist der 43-Jährige als Mitautor einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, derzufolge die Riester-Rente für Kunden ausgesprochen unrentabel ist. Die Versicherungsbranche ist dementsprechend schlecht auf ihn zu sprechen. „Der Versicherungswirtschaft kann gar nichts Besseres passieren als die Abberufung Kleinleins“, sagt Bluhm.

Hintergrund sind Zahlungen an ein früheres Vorstandsmitglied, das heute als Abteilungsleiterin beim BdV arbeitet und die Lebensgefährtin von Kleinleins Exvorstandskollegen Thorsten Rudnik ist. Sie bekam nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand 2010 mehr als 1.000 Euro im Monat an Zusatzzuwendungen, mit denen die Differenz zwischen ihren Bezügen als Funktionärin und ihrem Gehalt ausgeglichen wurde. Der Betriebsrat monierte das. Ein Rechtsgutachten gab ihm recht. Kleinlein stoppte die Zahlungen. „Das hat der Aufsichtsrat mir übel genommen“, sagt Kleinlein.

Der Aufsichtsrat besteht aus zwei ehemaligen Hamburger SPD-Senatoren sowie einem CDU-Kommunalpolitiker. Kleinlein ist Mitglied der Grünen. Beim BdV wählt die Mitgliederversammlung den Aufsichtsrat, der den Vorstand einsetzt.

Die Lage eskalierte, als sich der Aufsichtsrat immer mehr in die Geschäftsführung einmischte und Kleinlein sich dagegen wehrte. Kurzerhand setzte der Aufsichtsrat den Vorstand ab. „Gründe sind unterschiedliche Auffassungen über die inhaltliche und personelle Ausrichtung“, so die Mitteilung. Kleinlein hat Henstedt-Ulzburg verlassen, Rudnik arbeitet weiter dort.

Dass es inhaltliche Differenzen zwischen ihm und dem Aufsichtsrat gab, bestreitet Kleinlein. Es habe außer Frage gestanden, dass man gemeinsam für mehr Transparenz in der Versicherungsbranche kämpfe. „Bei der Entscheidung des Aufsichtsrats standen persönliche Loyalitäten im Vordergrund“, sagt er.

Der Betriebsrat steht auf seiner Seite. „Die Abberufung von Axel Kleinlein ist eine einzigartige Schweinerei“, sagt Betriebsrat Gésa Huber. Die Mitarbeitervertreter haben bei der Hamburger Staatsanwaltschaft wegen der Zahlungen an das ehemalige Vorstandsmitglied Anzeige wegen Veruntreuung von Mitgliedsbeiträgen erstattet.

Eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen ist schwer. „Wir brauchen 530 Mitglieder, die einen Antrag stellen“, sagt Anwalt Bluhm. „Eine dreistellige Zahl haben wir bereits.“ Kandidaten für die Aufsichtsratsposten gibt es bereits. Der BdV will keine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. „Das kostet zu viel Geld“, sagt Sprecherin Bianca Boss. Allein die Einladung koste rund 40.000 Euro. Der Show-down zwischen den Kontrahenten wird spätestens bei der nächsten regulären Mitgliederversammlung stattfinden, die für den 7. September geplant ist.

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