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Kommentar Prokon-ÜbernahmeEin Symbol für die Energiewende

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Für Energieversorger wie EnBW sind gestrauchelte Pioniere wie Prokon ein Ausweg. Denn lange haben sie das Thema erneuerbare Energien verschlafen.

Auch für Energieversorger interessant: schon errichtete Windkaftanlagen, wie hier in Frankreich. Bild: reuters

S o ein Angebot gibt es nicht alle Tage: Da steht ein Paket mit gut 300 Windkraftanlagen zum Verkauf. Und das Beste daran: Sie sind bereits in Betrieb; man weiß also recht genau, wie viel Strom sie erzeugen, man kennt ihre Kostenstruktur. Die Risiken der Projektierung – man macht teure Wind- und Umweltgutachten und bekommt am Ende doch keine Genehmigung – gibt es nicht mehr.

Dass sich ein Unternehmen wie EnBW gern in ein solches gemachtes Nest setzt, liegt auf der Hand. Und womöglich haben auch andere große Spieler der Branche längst ihre Angebote eingereicht, verwundern würde es nicht. Denn für die etablierten Stromunternehmen sind solche gestrauchelten Pioniere ein willkommener Ausweg aus ihrer Misere: Jahrelang haben sie das Thema erneuerbare Energien verschlafen, haben stur auf Atomkraft und fossile Energien gesetzt – und brauchen nun dringend neue Standbeine. Immer wieder schlagen sie daher zu, wenn Ökostrom-Vorreiter in Schieflage geraten. So wie jüngst der rheinland-pfälzische Projektierer Juwi, den dann die Mannheimer MVV Energie AG mehrheitlich übernahm.

Einerseits ist es natürlich begrüßenswert, wenn Unternehmen der alten Energiewelt zunehmend den Wert der Erneuerbaren erkennen. Andererseits aber wächst die Gefahr, dass die Energiewende bald nicht mehr das Bürgerprojekt ist, als das sie begann, sondern nur noch ein schnödes Geschäftsmodell der Großen.

Und deswegen werden die Gläubiger von Prokon im Sommer eine Entscheidung treffen, die zugleich von hoher Symbolkraft ist für die deutsche Energiewende: Trauen sich die Bürger weiterhin zu, die Energiewende mit Bürgerunternehmen selbst zu gestalten? Oder kapitulieren sie, weil sie im Falle von Prokon in die falschen Hände gerieten? Es wäre bedauerlich.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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1 Kommentar

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  • Die Weichen sind schon laengst gestellt mit der EEG Reform.

    Die Buergerwindparks und Buergersolaranlagen sind schon seit Jahren auf dem Rueckzug.

    Bei der Windkraft schon viel laenger als bei der Photovoltaik.

    Und mit der EEG Reform kommt die Hinwendung zum Ausschreibungsmodell.

    Bei den grossen PV-Anlagen ist es schon so weit, bei der Windkraft kommt es in den naechsten Jahren: Damit ist Energiewende als Buergerprojekt von Privatpersonen jetzt schon tot.

    Beim Ausschreibungsmodell kommen nur noch Grossinvestotren zum Zug und die Energieerzeugung wird teurer.

    Die Entscheidung der Prokon-Investoren hat da keinerlei Symbolkraft mehr.