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Bürger, zeigt her eure Bilder

DEUTSCHE BANK KUNSTHALLE

Bürgerkunst zu zeigen erinnert an die demokratischen Ideen der Moderne. Die Wirklichkeit sieht anders aus

Der Bebelplatz hat schon viel gesehen, aber so was wie gestern noch nicht. S-förmig kringelt sich der Schwanz einer Menschenschlange, deren Kopf erst ein paar hundert Meter weiter am Eingang der Deutschen Bank KunstHalle zu finden ist. Hunderte von Leuten trotzen dem Wind. Viele halten großformatige Gemälde in den Händen, mit Bettlaken vor der Witterung geschützt.

Die Deutsche Bank KunstHalle hat angekündigt, am Montag 24 Stunden lang Kunstwerke von Profis und Laien in ihren Räumen zu zeigen. Jedes abgegebene Werk werde ausgestellt. Die Massen der Kreativen Berlins haben den Ruf gehört, es sind so viele, dass es einen zweiten Ausstellungstermin geben soll.

Offiziell wird die KunstHalle am 18. April mit einer Schau des Deutsche-Bank-Künstlers des Jahres, Imran Qureshi, eröffnet. Die Deutsche Bank KunstHalle tritt dann die Nachfolge des Kooperationsprojekts Deutsche Guggenheim an. Sie hat sich auf ihre Fahne geschrieben, junge und sozial wertvolle Kunst zu fördern. Auch der Kunstproduktionsstandort Berlin soll im Programm sichtbar werden.

Bürgerbeteiligung macht sich gut in einem Betrieb, der durch die ungeheuren Summen von sich reden macht, die Investoren in ihn hineinpumpen, während der professionelle Alltag junger Künstlerinnen und Künstler nichts mehr mit der romantischen Idee eines autonomen Künstlersubjekts zu tun hat, das heroisch die Grenzen ästhetischer Konventionen sprengt.

Bürgerkunst zu zeigen ist ein schöner Akt, der an die demokratischen Ideen der Moderne erinnert. Für jedes Bild aber, das hier gezeigt wird, selektiert irgendwo auf der Welt ein Experte Kunst nach dem Kriterium ihres prospektiven Marktwerts. Und schon wandert ein weiteres, frisch erworbenes Werk unausgepackt ins Depot eines Sammlers. ULRICH GUTMAIR

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