: Filmgedächtnis reaktiviert
Lange galt die Kölner Cinemathek im Museum Ludwig als Tummelplatz für Cineasten. Dann machte sie dicht. Und nun gründet sich mit dem Filmforum NRW endlich ein Verein, der sie wiederbelebt
VON BORIS R. ROSENKRANZ
Heute nimmt eine Geschichte eine vorläufig gute Wende, die man als zäh bezeichnen könnte, als nervenaufreibend und exemplarisch für die Stadt Köln. Es geht um die alte Cinemathek im Museum Ludwig. Lange Zeit galt das kleine Kino als Tummelplatz für all jene Cineasten, die tiefer vordringen wollten in die auf Zelluloid gebannten Träume, als in irgendwelchen verblockbusterten Kinoklötzen. Rund 600 Filmschätze hatte der Verein der Cinemathek über die Jahre angehäuft. Doch Ende 2001 lief der Vertrag für die Räumlichkeiten aus, das Kino wurde geschlossen und das Gejammer war berechtigterweise groß.
Ab heute Abend aber soll das filmhistorische Gedächtnis der Stadt Köln, dass nun seit Jahren unter Amnesie litt, wieder aufgefrischt werden. Nachdem immerzu Pläne für die Nutzung der Cinemathek geschmiedet und wieder verworfen wurden, unter anderem auch, weil die Stadt mit dem Geld knauserte, gründet sich ein neuer Betreiberverein, das so genannte Filmforum NRW. Das soll wieder Leben in das verwaiste Kino bringen, das zwischenzeitlich als Vortragssaal diente. Neun namhafte Institutionen haben sich beim Filmforum NRW eingeklinkt: Natürlich das Museum Ludwig unter Leitung Kasper Königs als Heimstatt, dann die Filmstiftung NRW, die SK Stiftung Kultur, der WDR, die Internationale Filmschule Köln, der Film- und Fernseh-Produzentenverband NRW, KinoAktiv als Verbund der freien Kölner Filmszene und KölnMusik, der Betreiber der Philharmonie.
Finanziert wird das Filmforum über Jahresbeiträge, außerdem soll die Miete des Kinos erträglich bleiben. Dabei legt der Verein Wert darauf, dass alle Mitglieder gleichberechtigt agieren, obschon sie unterschiedlich viel einbezahlen. So lassen etwa Filmstiftung und WDR 10.000 Euro springen, KölnMusik nur 5.000 Euro, und für das Museum Ludwig und KinoAktiv ist die Mitgliedschaft sogar kostenlos. Ob diese Regelung ohne Reibungen funktioniert, oder ob nicht irgendwann doch ein Gezerre um die Programmgestaltung beginnt, ist dennoch fraglich. Denn für das Programm sind alle Mitglieder gleichermaßen zuständig. Jeder darf mitgestalten.
Nach der großen Gründungsveranstaltung heute Abend steht Ende Januar als erstes Mozart auf dem Programm. Zum 250. Geburtstag des kleinen Großkomponisten zeigt das Filmforum (in diesem Fall verantwortlich: KölnMusik) den Film „In Search Of Mozart“ des britischen Dokumentarfilmers Phil Grabsky in der deutschen Erstaufführung. Grabsky, bekannt durch seinen afghanischen Flüchtlings-Streifen „The Boy Who Playes on the Buddhas of Bamiyan“, betätigt sich in seinem neuen Film als Detektiv, steckt seine Nase in Mozart-Aufführungen, belauscht Forscher und Interpreten, und fertigt aus den Schnipseln ein umfassendes Bild des Künstlers.
Neben solcherlei Erstaufführungen liegt das Augenmerk des Filmforums aber sinnigerweise auch auf filmhistorischen Programmen, auf der Pflege von Klassikern und im Ausfüllen der Schnittstelle zwischen Medienkunst und Film – schließlich befindet sich das Kino in einem Museum, es wäre töricht, wenn da keine Synergien entstünden. Damit entsteht in Köln also ein Kino, das Lichtspieltraditionen pflegt, bis hin zur Live-Vertonung von Stummfilmen. In einer Zeit, wo sich Filmfreunde lieber daheim eine DVD verabreichen, als in die Popcorntempel zu rennen, kann man das schlicht erfreulich nennen. Wobei es sich bei der Ex-Cinemathek freilich nicht um einen schnöden Popcorntempel handelt.
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