: Der falsche Herr K. aus Afrika
Fast 2.000 Euro muss ein arbeitsloser Gambier zahlen, weil er sich bei den Behörden unter falschem Namen als Mann aus Sierra Leone vorstellte. So war es einfacher, in Deutschland geduldet zu werden
Bremen taz ■ Mit dem Namen fängt es schon an. Nein, belehrt Amtsrichter Friedrich Kornblum den Angeklagten, darüber müsse er keine Angaben machen. Denn wie er heißt, wie Musa K. wirklich heißt, genau das ist in diesem Prozess die Frage. Und wo er herkommt, der 26-Jährige.
Aus Sierra Leone – hat er jedenfalls der Ausländerbehörde erzählt. Und dem Ortsamt in Huchting. Und dem Bremer Standesamt, wo er Stefanie H. geheiratet hat. Ach ja, und beim Jugendamt, da hat er ebenfalls gelogen. Damals, als es darum ging, dass er der Vater eines mittlerweile vierjährigen Sohnemanns ist. Fast fünf Jahre ist das alles her.
Einen falschen Namen hat er auch benutzt, eine Aliaspersonalie, wie Juristen das nennen, eine, die irgendwie so ähnlich klingt wie Musa K. Der steht sogar in einem sierraleonischen Pass, den er im Jahre 1999 für rund 2.000 Mark gekauft haben soll, zusammen mit einer so genannten Ledigkeitsbescheinigung. Denn er wollte ja heiraten, der Mann, der eigentlich aus Gambia stammt.
Dabei war das mit Sierra Leone noch nicht einmal so richtig gelogen. Sagt sein Anwalt. Schließlich sei er dort ja aufgewachsen. Sein Vater arbeite da, als Diamantenhändler. Sogar die sierraleonischen Dialekte spreche er. Und überhaupt, in Afrika nehme man es nicht so genau mit der Staatsangehörigkeit. Da zähle die Stammeszugehörigkeit, die Familie.
Beim Ausländeramt, das Musa K. eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilte, sieht man das anders. Aber die Chancen auf eine Duldung waren für einen Mann aus Sierra Leone einfach deutlich größer. Eine „Verhöhnung des Asylrechts“ wird Richter Kornblum das in seinem Urteil nennen. Denn in Sierra Leone herrscht Bürgerkrieg. In Gambia nicht. Und eine Botschaft in Deutschland hat sie auch nicht, die Republik Gambia. Keine Botschaft, kein neuer Pass.
Den alten hat er gar nicht erst mitgenommen. Vielleicht hat er aber auch nie einen besessen. Wie er dann 1996 nach Deutschland gekommen sei, will der Richter wissen. Mit dem Schiff. „Das kann ja nur eine Schlepperorganisation gewesen sein“, bohrt Kornblum nach. Das wisse er nicht so genau, sagt Herr K. Aber eigentlich ist das auch nicht mehr so wichtig. Schließlich lautete die Anklage ja auf „Urkundenfälschung“.
Viel schwerer wiegt etwas anderes: Diverse Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Musa K. kifft, gibt sein Verteidiger zu – und zwar ganz erheblich. „Das stört mich deutlich“, sagt der Amtsrichter mit strenger Miene. Mit den vom Verteidiger geforderten 1.000 Euro Strafe kommt der Angeklagte deshalb nicht weg. Am Ende verhängt Friedrich Kornblum eine Strafe von genau 1.920 Euro. Jan Zier
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen