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Neue Flotte statt alter Kähne

Binnenschiffer in Nordrhein-Westfalen hoffen auf Steuerbegünstigungen des Bundes. So könnten die Frachter umweltfreundlicher und konkurrenzfähiger werden, sagt auch der BUND

VON DIRK ECKERT UND GESA SCHÖLGENS

Die Konkurrenz aus den Niederlanden setzt den Binnenschiffern in NRW heftig zu. Nun naht Hilfe aus dem fernen Berlin: Gestern beschloss das Bundeskabinett bei seiner Klausur in Genshagen das 25 Milliarden Euro schwere „Konjunkturpaket“. Von 2007 bis 2009 soll jährliche eine Milliarde Euro mehr in Verkehr investiert werden, vor allem in Schienennetz und Wasserstraßen.

Die Binnenschiffer in Nordrhein-Westfalen richten nun ihre ganze Hoffnung auf den 19. Januar. Dann soll im Bundestag das „Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung“ verhandelt werden. Geht es nach dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD, steht eine Reform des Einkommenssteuergesetzes an: Binnenschiffer müssten ihre Gewinne aus Verkauf oder Verschrottung alter Schiffe nicht mehr versteuern, sondern dürften sie voll in neue Schiffe investieren.

In Duisburg wird die Steuererleichterung schon sehnlichst erwartet. „Bei unserem schärfsten Konkurrenten, den Niederlanden, gibt es das seit Jahren“, sagt Jens Schwanen, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB), der am Standort von Deutschlands größten Binnenhafen seinen Sitz hat. Die Gesetzesnovelle könne eine „Initialzündung“ sein, hofft Schwanen. Seit Jahren werde nicht mehr in die Erneuerung der Flotte investiert, manche Schiffe seien schon über 50 Jahre alt. Der Verband rechnet damit, dass nach der Gesetzesänderung rund 200 der 2.500 Güterschiffe ersetzt werden könnten.

„Solche Maßnahmen entfalten ihre Wirkung unmittelbar in NRW“, ist sich Schwanen sicher. Nordrhein-Westfalen ist der wichtigste Binnenhafenstandort in Deutschland. Container, Autos, Eisenerz, Kraftstoffe, Steinkohle sowie Sand, Steine, Schotter und Erden werden in den Häfen zwischen an Rhein und Ruhr umgeschlagen. Wie viele Arbeitsplätze die Binnenschifffahrt schafft, ist schwer zu schätzen. Nach von der Landesregierung verbreiteten Zahlen hingen im Jahr 2000 383.000 Jobs in Deutschland direkt oder indirekt von Binnenhäfen ab, davon allein 125.000 von den öffentlichen Häfen in Nordrhein-Westfalen.

Warnungen vor staatlichen Konjunkturprogrammen, wie sie aus der Industrie zu hören waren, können sich die Binnenschifffahrer nicht anschließen. „Die Binnenschifffahrt ist dringend auf solche Sofortmaßnahmen angewiesen“, sagt Schiffslobbyist Schwanen: „Sonst gibt es bald keine deutschen Schiffe mehr.“ Außer Steuererleichterungen fordert sein Verband auch noch weitere Modernisierungsprogramme, etwa in Form von Zuschüssen.

Auch Winfried Lücking vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) sieht den Vorstoß positiv: „Das Gesetz wird helfen, die Schifffahrt auf den neusten Stand zu bringen“. Die teils sehr alten deutschen Schiffe, die auf dem Rhein einen Anteil von etwa 40 Prozent ausmachten, hätten einen entsprechend hohen Schadstoffausstoß. „In Holland und Belgien gibt es längst bessere Vergünstigungen, deswegen sind die Flotten viel moderner“, sagt der Umweltaktivist.

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