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SPD Tradition und Moderne will Kandidat Steinbrück mit seinem Kompetenzteam in den Wahlkampf bringen

„Der Kandidat ist bescheiden“

PEER STEINBRÜCK ÜBER STEINBRÜCK

AUS BERLIN PAUL WRUSCH

Peer Steinbrück am Rand, neben ihm stehen seine drei neuen Hoffnungsträger für den Wahlkampf. „Der Kanzlerkandidat steht nicht in der Mitte?“, wird er auf der Pressekonferenz gefragt. Steinbrück lächelt. „Der Kandidat ist bescheiden.“

Steinbrück nimmt sich selbst aus der Schusslinie, in den Fokus sollen andere rücken. Mit Sachthemen soll sein Kompetenzteam neuen Schwung in den Wahlkampf bringen und Steinbrücks Fehltritte vergessen machen. Am Montag hat er in Berlin die ersten Mitglieder des Teams offiziell vorgestellt: den Gewerkschafter Klaus Wiesehügel, die Designprofessorin Gesche Joost und den parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion Thomas Oppermann. „Als Volkspartei muss die SPD ein breites Spektrum an Wählern erreichen“, sagt Steinbrück. Die organisierte Arbeitnehmerschaft, ein bürgerlich aufgeklärtes Publikum und intellektuelle Impulsgeber. „Genau dafür stehen die drei Personen, sie repräsentieren Tradition und Moderne.“

Klaus Wiesehügel, der Chef der Gewerkschaft IG BAU, verkörpert dabei die Tradition. Der 60-Jährige soll sich um die Bereiche Arbeit und Soziales kümmern. Mit der Nominierung überrascht Steinbrück. Wiesehügel gilt als einer der schärfsten Kritiker der Agenda-2010-Politik unter Kanzler Gerhard Schröder. Steinbrück will mit Wiesehügel im Team frühere SPD-Stammwähler ansprechen, die sich wegen der Hartz-Reformen von der SPD abgewendet haben. Im Falle eines Wahlsiegs sichert Steinbrück dem Gewerkschafter Wiesehügel den Posten als Arbeitsminister zu. Wiesehügel scheint zu wollen. „Jetzt gilt hopp oder top“, sagt er und kündigt an, nicht erneut als IG-BAU-Chef zu kandidieren. Außerdem fordert er einen gesetzlichen Mindestlohn und bezeichnet die Einwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte als „Glück für Deutschland.“ Seine Kritik an Hartz IV und der Rente mit 67 wiederholt er nicht.

Thomas Oppermann soll sich um Innenpolitik und Justiz kümmern. „Wir dürfen Freiheit und Sicherheit nicht gegeneinander ausspielen“, sagte er. Als Themen nannte er den Umbau der Sicherheitsbehörden nach den Morden des rechtsterroristischen NSU und die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft. „Wir müssen die verlotterten Zustände der schwarz-gelben Innen- und Rechtspolitik verändern.“

Wenn also die vorgenannten für die Tradition in der SPD stehen, übernimmt die 38-jährige Gesche Joost die Moderne. Die Designprofessorin sorgt für einen neuen Sound und für neue Themen im Wahlkampf (siehe Text unten). Mit den ersten drei Mitgliedern seines Kompetenzteams gelingt Steinbrück durchaus eine interessante Mischung.

Insgesamt soll das Kompetenzteam aus zehn bis zwölf Personen bestehen, die Hälfte von ihnen Frauen. Die Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek wird zum Beispiel als künftige Justizexpertin in Steinbrücks Team genannt, das ist ist bislang nur ein Gerücht. Zu den Spekulationen gehört auch Matthias Machnig, Wirtschaftsminister in Thüringen, der für Infrastruktur, Energie und Aufbau Ost zuständig sein soll. „Mit Neugier lese ich die Namen, die medial verhandelt werden“, sagt Steinbrück dazu. „Glauben Sie mir, die müssen nicht alle richtig sein.“

In zwei Wochen stellt Steinbrück die nächsten Mitglieder seines Kompetenzteams vor. Das Komptenzteam soll eine wichtige Rolle im Wahlkampf spielen. Und was machen die dann? „Wir werden uns regelmäßig treffen, über Themen und Wahlkampfstrategien sprechen“, sagte Steinbrück.

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