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Wie beißt die Maus den Käse ab?

Wahrheit-Welt der Tiere II: Superschlauer Nager foppt Aachener Aushilfskammerjäger

Am späten Abend plötzlich ein kurzes, heftiges Geräusch nebenan aus der Küche. So was wie Schritte. Der Schreck ist groß. Diebe? Überfall? Mit extra markiger Stimme rufe ich: „Hallooo! Wer ist da?!“ Instinktiv geht der Griff zur Bierflasche. Damit könnte man sich wehren. Dann nichts mehr. Ruhe.

Am Tag darauf klaproppelt es kurz unter den Holzdielen, dann raschelt es in der Mülltüte im Spülunterschrank. Eine Maus? Eine Maus! Bei Kälte suchen die Kleinen Schutz auch im 4. Stock. Als Gewaltfeind und Nagerhumanist stelle ich eine Lebendfalle auf. Sie funktioniert nach dem Schleusenprinzip. Maus kann rein durch eine zylindrische Metallstäbchenröhre, aber wegen der scharfen Spitzen nicht zurück. Darauf war ein Mausi schon mal reingefallen, ich hatte sie im nahen Park frei gelassen.

Am Morgen ist der Käse (Gouda, jung) weg. Die Maus auch. Also enger einstellen. Das Gleiche: Käse weggeknabbert, die Rindenstückchen liegen fein säuberlich abgenagt in einer Ecke. Noch enger. Ergebnis: Dito. Wie klein ist das Tier? Noch eine Spur enger. Seitdem wird die Falle ignoriert.

Also her mit den handelsüblichen Schnappfallen. Aber meine Maus ist keine handelsübliche Maus: Am nächsten Morgen ist die Falle weiterhin gespannt, der Käse (Gouda, mittelalt) weg. Wie hat die den da runterbekommen? Gut, Käse (jetzt Comté) fester in das vorgesehene Loch gestopft. Ergebnis: Dito. Und das diesmal am Abend, während wir in der Küche, keine zwei Meter von der Falle entfernt, Doppelkopf spielten. Meine Zocker sind Zeugen! Also den Mechanismus der Guillotine feiner justiert, Sicherungshaken glatt gefeilt. Am Morgen: Käse weg, Maus weg. Dann das Käsestückchen mit Heftzwecke befestigt: Käse weg, Maus weg. Und: Heftzwecke auch weg. Unfassbar!

Nachbar Horst lästert, ich hätte es sicher mit einer funkgesteuerten Computermaus zu tun. Witzig das! Einen Rat hat er so wenig wie der telefonisch konsultierte Kammerjäger: Ich hätte es wohl mit einem besonders schlauen Exemplar zu tun. Fachleute kennen sich aus, das merkt man gleich. Alfred Brehm lobt in seinem Tierleben die „geschickten Bewegungen“ der Hausmaus (mus musculus) und urteilt: „Man kann sich schwerlich ein naschhafteres Geschöpf denken.“ Und: „Nicht selten findet man ihr Nest … selbst in Mausefallen.“ Welche Aussichten!

Vorgestern Mittag ein Knall aus der Küche. Halali! Falle ausgelöst. Aber: keine Maus drin. Und der Käse: weg. Wie ist das möglich? Aus Verzweiflung Techniken noch feiner differenziert, jetzt schon mit zwei Fallen: Käse festnageln, mit Tesa abkleben (damit die Maus, so das Denkmodell, energischer ranmuss). Die Schaffott-Wippe beschweren, sodass ich sie kaum noch ohne Verlust einer Fingerkuppe gespannt bekomme. Morgens sind die Fallen ausgelöst. Immerhin sind die Utensilien nicht weg. Auch der Käse nicht. Aber von der Maus keine Spur.

Ich erwäge den Kauf einer Infrarot-Webcam und fahre ansonsten jetzt mehrgleisig. Abends lege ich eine Wärmflasche unten in den Hausflur. Vielleicht reicht ihr das als Winterquartier. Wenn nicht: Mein Waffenarsenal ist jetzt mit neuen, geheimen – falls sie taz liest! –Techniken auf vier Fallen (jetzt auch mit Bio-Gruyere) erhöht. Clausewitz hätte seine Freude. Ich erkläre der Maus den Krieg. Meine Anerkennung als KDV gebe ich zurück. Außerdem nenne ich meine kleine Mitbewohnerin jetzt Mieze. Das soll sie seelisch zermürben. Der Kampf geht weiter. Venceremaus!

PS: Im Todesfalle (Maus/Genickschlag oder Autor/Verzweiflungssuizid) gibt die Wahrheit umgehend Nachricht.

BERND MÜLLENDER

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