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Angst vor „ScheinriesInnen“

PROQUOTE In einem „Spiegel“-Essay macht sich der Wirtschaftsressortleiter Thomas Tuma über den Verein lustig

ProQuote reagiert betont gelassen auf Tumas Anwürfe, sieht gar „Grund zum Jubel“

VON JULIA AMBERGER

Im aktuellen Spiegel greift der Leiter des Wirtschaftsressorts, Thomas Tuma, die Vorgehensweise des Vereins ProQuote an – so heftig, dass die Attackierten die Kritik als „mit einer Kanonen auf einen Spatzen geschossen“ empfinden. Unter dem Titel „Die ScheinriesInnen“ kritisiert Tuma auf zwei Magazinseiten, dass die dort aktiven Journalistinnen ihre Rolle missbrauchen und das Vertrauen der LeserInnen gefährden. Der Zeitpunkt ist nicht zufällig: Am kommenden Wochenende wählt ProQuote einen neuen Vorstand.

Der vor einem Jahr gegründete Verein zielt darauf ab, mindestens 30 Prozent der journalistischen Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Doch das, so argumentiert Tuma, würden die Mitglieder den Lesern als gesellschaftliche Relevanz unterjubeln. Dadurch verkomme unabhängiger Journalismus zu einem Propagandainstrument. Damit kritisiert er indirekt auch die taz, die ProQuote im vergangenen Jahr die Regie einer Sonderausgabe zum Thema Chancengleichheit übertragen hat.

In einer Stellungnahme verteidigt ProQuote die Lobbyarbeit in eigener Sache – „damit es der Letzte kapiert“. Denn weiter heißt es: „Unser Verein ist dabei auch dem Gemeinwohl verpflichtet.“ Er habe den Status der Gemeinnützigkeit, „weil er sich für die Gleichstellung einsetzt“.

Tuma kritisiert gerade, dass ProQuote die „Beförderung der Berichterstattung über die bislang ungenügende Gleichstellung“ in der Satzung verankert hat. Journalistinnen mit gleichen Interessen hätten das Recht, sich zusammenzuschließen. Aber sie dürften nicht in ihrer Berichterstattung ihr Ziel verfolgen. Denn so werde aus einem „sehr kleinen Club“ ein „Scheinriese“, so Tuma. In seiner Polemik vergleicht er den ein übergeordnetes gesellschaftliches Interesse vertretenden Verein ProQuote mit Schützenvereinen, von denen viele eine größere Basis als 150 zahlende Mitglieder hätten – aber nicht diese „extrem laute Stimme“ dank bekannter Mitglieder wie die Fernsehmoderatorinnen Anne Will und Sandra Maischberger, Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer oder taz-Chefredakteurin Ines Pohl.

Gern hätte die taz Tuma dazu befragt, wie Journalistinnen sonst ihre Interessen verteidigen sollen, wenn sie nicht in ihrer Berichterstattung darauf aufmerksam machen dürfen, doch der Spiegel-Mann wollte sich nicht zu seinem Essay äußern, den Text für sich sprechen lassen.

Tuma betont darin, dass er nicht das Ziel von ProQuote für falsch hält, sondern den Weg. Dass „die Einflussnahme auf den Gesetzgeber ebenso wie auf Arbeitgeber“ – und auf LeserInnen – in der Satzung verankert ist, empfindet er als unzulässige Propaganda, als „Kampfauftrag“.

Das Ziel einer 30-Prozent-Quote spielt er als „eine vergleichsweise luxuriöse Auseinandersetzung in der Komfortzone einer gesellschaftlichen Elite“ herunter. Hier offenbart sich der Grundwiderspruch in Tumas Text: Auf immerhin zwei Seiten erklärt er wortgewaltig, für wie aufgeblasen er das Medienphänomen ProQuote hält.

Ganz konkret schießt Tuma gegen seine Spiegel-Kollegin Annette Bruhns, die „rührige Vorsitzende von ProQuote e. V.“.

Der Verein reagiert demonstrativ gelassen auf Tumas Anwürfe: „Das ist erst mal Grund zum Jubel: Wenn der Autor so wütend ist, kann das nur bedeuten, dass wir unserem Ziel nahe sind – für manche offenbar: gefährlich nahe.“ Und fügt die Pointe an: „ProQuote gefährdet sicher geglaubte Karrieren.“

Genug Gesprächsstoff also für das demnächst anberaumte Treffen der Streithähne.

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