Fairphone geht in die Produktion

ELEKTRONIK Schon vor dem Stichtag gingen deutlich mehr Vorbestellungen ein als gehofft: Nun kann es losgehen mit der Herstellung des ersten fair gehandelten Mobiltelefons

Die Unternehmer müssen weitere 13.500 Kunden gewinnen, um nicht draufzahlen zu müssen

VON SVENJA BERGT

BERLIN taz | Am Ende haben sie ihr Ziel vorzeitig erreicht: Mehr als 6.500 Bestellungen verzeichneten die Initiatoren des Fairphones bis Sonntagnachmittag. 5.000 bis zur kommenden Woche hatten sie sich zum Ziel gesetzt, um mit der Produktion beginnen zu können. Damit sollte sichergestellt sein, dass genug Geld für die Anzahlung zusammenkommt. Über den Sommer soll nun die Entwicklung abgeschlossen werden und im frühen Herbst die Auslieferung der weltweit ersten fair produzierten Mobiltelefone beginnen.

Die Fairphone-Initiative versteht sich nicht nur als Ideenfinder und Vertreiber des Geräts selbst, sondern auch als Bewegung. Denn handelsübliche Elektrogeräte sind meist alles andere als öko. So zeigte etwa das Umweltbundesamt (UBA) in einer Studie vom vergangenen Jahr gravierende Probleme im Recyclingprozess von Notebooks auf. Und die wären häufig vermeidbar: Weil Akkus nicht auswechselbar und Komponenten wie den Arbeitsspeicher fest verbaut sind, werden nach dem Entsorgen der Handys wertvolle Rohstoffe wie Kobalt mit eingeschmolzen. „Häufig sind gerade die trendigen Produkte weniger ökologisch“, teilte die UBA-Beratungsstelle Green IT damals mit.

Auch viele aktuelle Smartphone-Modelle besitzen einen Akku, den der Verbraucher nicht selbst herausnehmen kann. Anders das Fairphone: Der Akku wird auswechselbar und somit leicht durch einen neuen zu ersetzen sein. Durch das getrennte Recycling des Akkus lassen sich die Rohstoffe wiedergewinnen. Zudem hat das Gerät einen Slot für eine zweite SIM-Karte, was den Trend zum Zweittelefon bremsen soll. Ladekabel und Zubehör liegen erst gar nicht bei, um nicht noch mehr Teile zu produzieren, die später ungenutzt in der Schublade liegen.

Drei Jahre lang haben die Initiatoren Vorarbeit geleistet, die Herkunft von Materialien und ihre Auswirkungen auf die Umwelt geprüft, Lieferketten durchleuchtet und nach Kooperationspartnern gesucht. Das Ergebnis ist eine Zusammenarbeit mit Initiativen beispielsweise im Kongo, die garantieren sollen, dass durch den Abbau von Rohstoffen keine bewaffneten Gruppen finanziert werden. Nach Angaben der Fairphone-Macher hat die Nachfrage nach solchen „konfliktfreien“ Rohstoffen bereits dazu geführt, das Einkommen der dortigen Minenarbeiter dank höherer Preise pro verkauftes Kilo zu verdoppeln.

„Das größte Problem bei der Produktion eines fairen Mobiltelefons ist die Zahl der Leute, die daran beteiligt sind“, sagt Tessa Wernink, Sprecherin der Initiative. Die Zuliefererketten seien sehr lang und komplex, zu 100 Prozent fair ist das Gerät daher noch nicht. „Es handelt sich eben nicht um Kaffee oder Bananen“, sagt Wernink. Die Initiative schließt nicht aus, dass sie auf lange Sicht auch andere Geräte wie Notebooks auf den Markt bringen wird. „Aber erst einmal wollen wir daran arbeiten, das Fairphone weiter zu verbessern.“

Zunächst müssen die Unternehmer aber weitere 13.500 Kunden gewinnen, um nicht draufzahlen zu müssen. Denn im ersten Durchgang sollen 20.000 Telefone produziert werden. Den Endkunden wird das Gerät 325 Euro kosten.