piwik no script img

Kommunizieren ist alles

Um Frust beim Bauen zu vermeiden, müssten Bauherren, Architekten und Handwerker viel mehr miteinander reden, findet die Architektin Katja van den Broek. „Jedes Missverständnis kostet Geld“

„Ich will nicht, dass Bauschadensanwälte zu den am besten Verdienenden der Branche gehören“

Von Gernot Knödler

Die gleiche Sprache zu sprechen heißt nicht, dass man eine gemeinsame Sprache spricht. „Ich hatte mal eine Kundin, die wollte nur warme Farben in ihrer Wohnung“, erzählt die Architektin Katja van den Broek. „Dauernd gab es Krach mit den Handwerkern. Schließlich kam sie zu mir und es stellte sich heraus: Das waren alles kalte Farben.“ Die Frau hatte schlicht missverstanden, welche Farben als „warm“ und welche als „kalt“ gelten.

Nach der Erfahrung van den Broeks ist es die schlechte Kommunikation zwischen Architekten, Bauherrn und Handwerkern, die für den größten Frust beim Hausbau und auch für unnötige Kosten sorgt. „In der Regel geben sich die Planer und die Handwerker alle viel Mühe, und trotzdem stehen die Bauherren in 98 Prozent der Fälle da und sagen: ‚So hab ich mir das nicht vorgestellt‘“, sagt sie flapsig.

Die Architektin hat sich deshalb auf die Moderation der Planungsprozesse und des Bauablaufs spezialisiert. Ihr Problem: „Ich werd‘ fürs Reden nicht bezahlt.“ Die Honorarordnung für Ingenieure und Architekten (HOAI) sehe eine solche Leistung nicht vor. Van den Broek schlägt ihren Klienten deshalb vor, ein „Erfolgshonorar“ zu vereinbaren: Wird der Bau billiger als veranschlagt, erhält sie einen Teil der Ersparnis.

Wichtig sei zunächst, Klarheit darüber zu schaffen, welche Vorstellungen die Auftraggeber mit ihrem Bau verbinden, damit es nicht von Anfang an Stress gibt. „Ich hatte mal ein Ehepaar, das war schon sehr verkracht“, erinnert sich van den Broek. Sie bat die beiden, jeweils für sich die drei wichtigsten Wünsche an ihr künftiges Zuhause aufzuschreiben. Es stellte sich heraus, dass sie sehr unterschiedliche Vorstellungen hatten.

Im nächsten Schritt geht es darum, herauszufinden, ob sich Bauherren in ihren phantasierten Schöner-Wohnen-Welten überhaupt wohl fühlen würden. „Das Auge sieht das eine und der Körper fühlt was anderes“, sagt van den Broek. „Mit manchen gehe ich sogar in ähnliche Räume und frage: ‚Wollt ihr das?‘“

Falls nicht, kommt es darauf an, Änderungswünsche rechtzeitig zu äußern. Van den Broek rät ihren Kunden: „Nehmt euch Zeit vorher. Sammelt Farben, Muster etc.“ Aufgabe des Architekten ist es, den Bauherrn mit genügend Vorlauf auf Entscheidungen vorzubereiten. Mit dem Fortschreiten des Baus verringern sich die Optionen. Nachträgliche Änderungen sind teuer.

Van den Broek spricht von einer „Dominokette“: Schon wenn der Bauherr plötzlich andere Fenster will, kann das zu hohen Mehrkosten führen. Wenn das alternative Fenster nur in der Isolierschicht der Wand installiert werden kann, wird eine besondere Haltekonstruktion notwendig. Es kommt auch vor, dass Handwerker kostensparende Änderungsvorschläge machen. Dann muss der Architekt offen genug sein, darauf einzugehen.

„Meine Bauherren wissen, dass sie kein ‚Ja‘ auf der Baustelle sagen dürfen“, sagt van den Broek. Denn es ist das Kreuz des Architekten, die Kosten im Griff zu behalten. „Ich muss immer den Finger in die Wunde legen“, sagt van den Broek. Für den Kunden, der sich bei einem begrenzten Budget zwischen einer für Allergiker unbedenklichen Dämmung und handgefertigten Fliesen entscheiden muss, mag das frustrierend sein. Er gewinne aber im Gegenzug Sicherheit. „Ich will nicht, dass die Bauschadensanwälte zu den am besten Verdienenden der Branche gehören“, sagt van den Broek.

Tipps für einen reibungslosen Bauablauf gibt Katja van den Broek (☎ 53 79 17 30) am 16. Februar, 19 bis 21 Uhr, im Ausbildungszentrum Bau im Schwarzen Weg 3; Eintritt: 10 Euro. Die Verbraucherzentrale bietet eine Reihe von Ratgebern zum Bauen an. Zusammen mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat sie Tipps ins Internet gestellt: www.baufoerderer.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen