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Obervieland empört – wer lügt?

SCHULE Dem Gymnasium Obervieland fehlt der Direktor, die Behörde lehnt den Kandidaten ab. Angeblich wegen einer Intervention der CDU – die dementiert

Die Lehrer vom Schulzentrum und Gymnasium Obervieland sind stocksauer. Sie haben fast einstimmig eine Protest-Note an die Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) verabschiedet, in der sie sich über einen „Affront“ beschweren. Das Thema: Seit dem 1. Februar 2009 arbeitet die Schule mit einer nur kommissarischen Schulleitung, zum 1. März 2010 nun erwartete man einen neuen Leiter, der auch den Vorteil gehabt hätte, die Schule zu kennen: Der Kandidat Thomas Bendlin war dort Lehrer. Und nun hat er zurückgezogen.

Das aber nicht freiwillig, sondern auf eindeutigen Hinweis des Leiters der Schulaufsicht Otto Bothmann. Der hatte Bendlin zum Gespräch gebeten und ihm erklärt, er werde die Leitung in Obervieland nicht bekommen. Als Begründung soll Bothmann gesagt haben, die CDU-Politiker Thomas Röwekamp und Claas Rohmeyer hätten gegenüber der Senatorin damit gedroht, bis zum Ende der Legislaturperiode eine „Schlammschlacht“ zu liefern, wenn sie mit Bendlin einen Gesamtschul-Verfechter zum Leiter des dortigen Gymnasiums machen würde.

Bendlin hat nie an einem Gymnasium gearbeitet, ist „ausgewiesener Gesamtschulmensch“, wie es auch in der Resolution der Lehrer heißt. Das spricht aus der Sicht des Kollegiums allerdings für ihn, weil an dem Schulstandort in dem Einzugsgebiet Obervieland kaum mehr als 30 Prozent der Kinder eine „Gymnasial-Empfehlung“ haben, egal wie die Schule sich nennt. Da die CDU aber formal darauf beharrt, dass die Schule keine Oberschule ist, sondern eines der acht garantierten „Gymnasien“, müsse eben der Schulleiter ein Lehrer mit Gymnasial-Erfahrung sein.

CDU-Chef Röwekamp war gestern sehr verwundert über diese Darstellung. „Ich habe weder mit der Senatorin noch mit Bothmann über die Frage der Schulleitung gesprochen“, erklärte er. Die Zeiten seien lange vorbei, in denen die Deputation und damit auch die Opposition über Schulleiter-Besetzungen mitreden konnten, das sei unter Willi Lemke abgeschafft worden. Seitdem sei die CDU froh, wenn sie wenigstens informiert würde.

Wer nun wem die Unwahrheit erzählt hat über eine angebliche Intervention der CDU, ließ sich gestern nicht klären. Dass das Kollegium Obervieland so scharf reagierte, hat auch andere Gründe: Im Rahmen des Standortkonzeptes war beschlossen worden, dass es am Schulstandort Habenhausen zwei Oberstufenprofile geben soll, die allerdings nicht zur Oberschule Habenhausen gehören sollten, sondern als „Dependance“ des Gymnasiums Obervieland. Da die Lehrerstunden nach der Zahl der Schüler zugeteilt werden, fürchtet der Standort Obervieland, am Ende für die kleinen Klassen in Habenhausen „bluten“ zu müssen.

KAWE

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