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Neue Professur für Kernenergieforschung

An der TU-München entsteht Lehrstuhl für AKW-Forschung – weil deutsche Bewerber fehlen, wird im Ausland gesucht

BERLIN taz ■ Ein weiterer deutscher Professor für AKW-Forschung wird demnächst berufen: „Mit dem Präsidenten der Technischen Universität München ist vereinbart worden, dass wir einen Kernenergie-Lehrstuhl einrichten“, kündigte Präsident Walter Hohlefelder vom Atomforum an. Der Lobbychef der AKW-Betreiber freut sich: „Es geht aufwärts.“ Allerdings gibt es noch ein Problem bei der Berufung: „Ums Verrecken finden wir keinen geeigneten Ordinarius in Deutschland, da müssen wir im Ausland suchen.“

„Das Berufungsverfahren ist im Gange“, bestätigte TU-Sprecher Dieter Heinrichsen gegenüber der taz. Schon jetzt nehmen 23 Studenten am Aufbaustudium Kerntechnik teil, das von den Fakultäten für Maschinenbau und Elektrotechnik gemeinsam angeboten wird. Der neue Lehrstuhl bedeute jedoch noch keine Renaissance der Kerntechnik, erklärte der TU-Sprecher. Schließlich werde auch für die Wartung und den Rückbau der AKWs dringend Personal benötigt.

Sein Chef, TU-Präsident Wolfgang Hermann, hatte sich allerdings im Sommer 2005 wesentlich deutlicher geäußert. Unter der Überschrift: „Neuer Lehrstuhl und neuer Studiengang: TU München bekennt sich zur Nukleartechnik“ wird Hermann auf der TU-Homepage mit den euphorischen Worten zitiert: „Für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands wird die Kernenergie noch lange Zeit ein entscheidender Faktor sein. Deutsche Ingenieurkompetenz wird energiepolitischen Fehleinschätzungen nicht geopfert!“

Zur Finanzierung des Lehrstuhls schweigt die TU. „Das ist ein Stiftungslehrstuhl. Auf Details wollen wir im Augenblick nicht eingehen“, erklärte Heinrichsen. Das Atomforum ist da offener: Der Lehrstuhl werde vom Energiekonzern Eon getragen, bestätigte eine Sprecherin der taz. Das Stiftungskapital bewege sich im einstelligen Millionenbereich, was ausreiche, um den Forschungslehrstuhl zunächst für 5 Jahre „großzügig“ zu fördern.

Für den energiepolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Hans-Josef Fell, ist der neue Kernforschungslehrstuhl in München ein falsches Signal. „Noch immer gehen über 80 Prozent der Gelder in die Kernenergieforschung, während im Bereich der regenerativen dringend Experten gesucht werden“, sagte Fell der taz. Dieses Missverhältnis sieht Fell auch bei der EU. Im 7. Forschungsrahmenprogramm entfallen über 3 Milliarden Euro auf die Kernforschung und nur knapp 400 Millionen Euro auf erneuerbare Energien.

Die TU-München will sich wohl auf beiden Ebenen engagieren. Auf der Homepage heißt es: „Gleichzeitig mit der Nukleartechnik stärkt die TU München die Energieforschung auch auf dem Gebiet der alternativen Energien. Hierfür wird ebenfalls ein Lehrstuhl eingerichtet.“

PETER NOWAK

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