: Ein Netz für Saubermänner
Nicht nur in China lassen Suchmaschinen Links verschwinden. Auch in Deutschland zeigen Google, Yahoo und andere Indiziertes nicht mehr in den Trefferlisten an. Ist jetzt die Zensur eingeführt?
VON DIETER GRÖNLING
Gerade erst gab es weltweit heftige Proteste gegen Google und andere Suchdienste, weil diese eine von der chinesischen Internetzensur vorgegebene Rote Liste akzeptiert hatten. Dies war die Voraussetzung dafür, überhaupt auf den lukrativen chinesischen Markt zu gelangen. Seitdem werden regimekritische Webseiten in China nicht gefunden (die taz berichtete).
Google schließt Links aus
Nun konnten die unter dem deutschen Dach der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Dienste-Anbieter (FSM) zusammengeschlossenen Anbieter in enger Zusammenarbeit mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) einige der auch hierzulande stark frequentierten und bislang unzensierten Suchmaschinen dazu bewegen, in ihren Ergebnislisten zukünftig keine Links mehr zu Internetangeboten zu zeigen, die von der von der BPjM indiziert wurden. Damit leisten die beteiligten Anbieter einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Verbraucher- und Jugendmedienschutzes in Deutschland, hieß es.
Ausgeblendet werden sollen Angebote, die außerhalb geschlossener Benutzergruppen nicht unter die Leute gebracht werden dürfen, wie zum Beispiel Pornografie. Auch Webseiten, deren Verbreitung ohnehin gesetzlich unzulässig ist, sollen nun von den Suchmaschinen nicht mehr zum Anklicken aufgelistet werden. Dazu zählen u. a. Kriegsverherrlichung, Verstöße gegen die Menschenwürde und die Darstellung von Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung.
Neonazis zensiert
Anders als im Kino, wo einem Zwölfjährigen der Zutritt verwehrt werden muss, wenn der Film von der FSK erst ab 16 freigegeben ist, gibt es hier keine Altersgrenzen. Die Sperre gilt generell für alle Benutzer. Damit wird es zum Beispiel für einen Studenten unerträglich schwer, für eine Hausarbeit über Neonazis zu recherchieren. Mit Zensur habe das dennoch nichts zu tun, betonte FSM- Sprecherin Sabine Frank auf Anfrage, dies sei ein rechtsstaatliches Verfahren.
Gesetzlich geregelt ist die Zensur in China ebenfalls. Auch dort seien nur „sehr wenige“ Webseiten blockiert, deren Inhalte zudem mit „Pornografie oder Terrorismus“ zu tun hätten, verteidigte der Vizechef des chinesischen Internetbüros die Zensur. Trotzdem gibt es einen Unterschied: In China zensierte Webseiten werden von Google, Yahoo und MSN ausgeblendet, zudem sind die Seiten auch mit direkter URL-Eingabe nicht erreichbar. Von der Bundesprüfstelle als jugendgefährdend eingestufte Seiten tauchen ebenfalls bei Google, Yahoo und MSN nicht auf. Hinzu kommen Lycos, Fireball, Hot Bot und t-info. Wer jedoch die Adresse hat, kann die Seiten nach wie vor direkt aufrufen. Noch.
Endlich ein Netz für die ganze Familie Saubermann, ein Netz in dem auch Oma klicken darf? Nein – der Traum der Jugendschützer wird unerfüllt bleiben. Wer illegales oder versautes Zeug sucht, findet das auch ohne Google & Co. Nach Kinderpornos konnte noch nie gegoogelt werden, das klingt ganz nach einem vorgeschobenen Vorwand. Beim Rest müssen erwachsene Menschen selbst entscheiden können, was sie sehen wollen und was nicht. Alles andere ist Zensur. Beispiel Nazis: Legal oder illegal – die muss man einfach gelesen haben. Nur so ist zu kapieren, wie dumm und gefährlich sie wirklich sind.
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