: Französische Energiekonzerne fusionieren
Die großen Versorger in Europa stecken ihre Claims ab – bevor es 2007 zur Liberalisierung der Märkte kommt. Kritiker fordern Obergrenzen für Gewinne: Ein Vorbild könnten die Flughäfen sein. So weit will die EU-Kommission nicht gehen
BERLIN taz/dpa/ap ■ Die Megafusion auf dem französischen Energiemarkt ist so gut wie perfekt: Die Vorstände der Konzerne Gaz de France (GDF) und Suez billigten gestern den geplanten Zusammenschluss. Damit soll einer der weltweit größten Energieversorger mit einem Marktwert von 70 Milliarden Euro entstehen. Mit der Fusion wird gleichzeitig eine mögliche feindliche Übernahme abgewehrt: Auch der italienische Energieriese Enel wollte für Suez bieten.
Die französische Regierung hatte die Fusion des Staatsunternehmens GDF mit der privatwirtschaftlich organisierten Suez als „wirtschaftlichen Patriotismus“ bezeichnet, der Arbeitsplätze schaffe. Der französische Staat wird an dem neuen Unternehmen eine Sperrminorität von 34 Prozent halten, um es vor feindlichen Übernahmen zu schützen. Der Versorger soll mit Gas, Wasser und Strom jährlich 64 Milliarden Euro erwirtschaften und nach der Électricité de France zum zweitgrößten Energieversorger Europas aufrücken.
Bieterkämpfe versetzen momentan die gesamte europäische Strom- und Gasindustrie in Aufruhr. Die spanische Gaz Natural hat für heute ihre Offerte für den spanischen Gasversorger Endesa angekündigt, um eine Übernahme der Endesa durch die deutsche Eon zu verhindern. Eon hatte angeboten, die Endesa für 29,1 Milliarden Euro zu übernehmen – das ist bislang das weltweit höchste Kaufangebot in der Energiebranche.
Es ist kein Zufall, dass die Konzerne jetzt auf Fusionen setzen: Sie bereiten sich auf die Liberalisierung des europäischen Energiemarktes vor. Bis März 2007 sollen Privat- und Industriekunden ihre Strom- und Gasanbieter in allen europäischen Ländern grenzüberschreitend frei wählen können. Die großen Stromversorger gehen deshalb jetzt auf Einkaufstour, um rechtzeitig europaweit aufgestellt zu sein.
„Für die Energieversorger ist es das Paradies, denn sie können innerhalb Europas tun und lassen, was sie wollen“, sagte Analyst Hans-Peter Wodniok von fairesearch der taz. „Solange es keine Regulierung gibt, fahren sie weiter oligopolistische Gewinne ein.“ Den geringen Wettbewerb bei der Erzeugung und dem Vertrieb von Energie müssen die Kunden teuer bezahlen. Wodniok: „Wir brauchen eine Regulierung des europäischen Energiemarktes auf europäischer Ebene.“ Es gebe auch schon gut funktionierende Vorbilder für einen EU-weit regulierten Wettbewerb – etwa die Flughäfen. „Dort setzen die Behörden für die Betreiber eine maximale Verzinsung des eingesetzten Kapitals fest, das entspricht einer Gewinnobergrenze“, so Wodniok.
Die Kartellwächter der EU-Kommission setzen erst mal auf weniger Regulierung: Sie wollen die überhöhten Energiepreise durch mehr Wettbewerb senken. EU-Kommissarin Neelie Kroes kündigte in der vergangenen Woche an, ein Missbrauchsverfahren gegen einzelne Versorger einzuleiten. Ende März werde die Kommission auch gegen EU-Länder vorgehen, die die Richtlinien zur Liberalisierung der Strommärkte bislang ungenügend umgesetzt haben. Welche Staaten sie rügen will, ließ Kroes offen. Gegen die jüngste Fusion in Frankreich will die Kommission zunächst nicht vorgehen. Ihr Sprecher Jonathan Todd sagte, man werde den Fall „sehr sorgfältig analysieren“. TARIK AHMIA
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