: „Das hätte ich vor 35 Jahren sein können“
DOKUMENTATION US-Präsident Barack Obama zum Freispruch im Fall des erschossenen Trayvon Martin
„Wie Sie wissen, habe ich gleich, nachdem Trayvon Martin erschossen wurde, gesagt, das hätte mein Sohn sein können. Ein anderer Weg, dies auszudrücken, ist, Trayvon Martin, das hätte ich vor 35 Jahren sein können.
Es gibt sehr wenige afroamerikanische Männer in diesem Land, die nicht die Erfahrung gemacht haben, verfolgt zu werden, während sie in einem Kaufhaus einkauften. Das gilt auch für mich. Es gibt sehr wenige afroamerikanische Männer, die nicht selbst die Erfahrung gemacht haben, dass sie hörten, wie Autoschlösser verriegelt wurden, während sie auf der Straße liefen. Das ist mir passiert – zumindest bevor ich Senator wurde. Es gibt sehr wenige Afroamerikaner, die nicht die Erfahrung gemacht haben, dass, wenn sie in einen Aufzug stiegen, eine Frau ihre Handtasche umklammerte und nervös die Luft anhielt, bis sie aussteigen konnte. Das passiert häufig.
Die afroamerikanische Gemeinde weiß, dass es in der Anwendung unseres Strafrechts eine Geschichte rassischer Ungleichheiten gibt – von der Todesstrafe bis hin zur Anwendung der Drogengesetze. Und das hat einen Einfluss darauf, wie Menschen diesen Fall deuten. Nun, das bedeutet aber nicht, dass afroamerikanische Gemeinden naiv sind, wenn es um die Tatsache geht, dass junge afroamerikanische Männer überproportional im Strafjustizsystem vertreten sind, dass sie überproportional sowohl Opfer als auch Gewalttäter sind.
Und das alles, denke ich, trägt zu dem Gefühl bei, dass das Ergebnis und die Folgen von vorn bis hinten wohl anders gewesen wären, wenn ein weißer Jugendlicher in so ein Szenario verwickelt gewesen wäre.
Ich denke, es wäre hilfreich, einige unserer Gesetze auf bundesstaatlicher und Gemeindeebene zu prüfen, um zu sehen, ob sie nicht möglicherweise Streit, Konfrontation und Tragödien – wie wir im Fall Floridas gesehen haben – fördern, statt potenzielle Auseinandersetzungen aufzulösen.
Wenn wir als Gesellschaft die Botschaft an unsere Gemeinden aussenden, dass jemand, der bewaffnet ist, potenziell das Recht hat, seine Schusswaffen zu nutzen – selbst wenn es für ihn einen Weg gibt, diese Situation zu umgehen –, trägt das wirklich zu Frieden, Sicherheit und Ordnung bei, die wir uns wünschen?
Und lassen Sie mich Ihnen noch einen abschließenden Gedanken mit auf den Weg geben. So schwer und herausfordernd diese ganze Episode für viele Menschen ist, möchte ich nicht aus den Augen verlieren, dass die Dinge besser werden. Jede nachfolgende Generation scheint Fortschritte zu machen, wenn es um Einstellungen gegenüber der Rasse geht. Das heißt nicht, dass wir eine postrassische Gesellschaft sind. Es bedeutet nicht, dass Rassismus ausgelöscht ist. Aber wenn ich mit Malia und Sasha [die Töchter Obamas, d. Red.] spreche, ihren Freunden zuhöre und sie miteinander sehe (erkenne ich), sie sind bei diesen Themen besser als wir. Sie sind besser darin, als wir einst waren.“
(Text gekürzt, Übersetzung: dpa)
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