: „Gemüse als gleichberechtigter Partner“
MJAM Sieben Kräuter, helle, dunkle oder gar keine Soße – wie schmeckt Fleisch am besten? taz-Koch Christoph Esser über die perfekte Beilage
INTERVIEW LAURA HOFMANN
sonntaz: Christoph, was passt eigentlich zu Fleisch?
Christoph Esser: Das kommt darauf an. Zu hellem Fleisch wie Geflügel passt etwas Leichtes wie Reis. Zu schwerem, dunklem Fleisch wie Braten passen Knödel, Spätzle und dunkle Soße, Bratensoße.
Stimmt es also, dass man generell zu dunklem Fleisch dunkle Soßen serviert und zu hellem Fleisch helle Soßen?
Auf jeden Fall. Etwas Zartes wie Kalb braucht eine helle Soße, zum Beispiel Sahnesoße. Zu kräftigem, roten Fleisch wie Rinderbraten passt dagegen eine dunkle Soße mit kräftigem Rotwein und scharf angebratenem Röstgemüse. Aber natürlich gibt es Ausnahmen. Zu gekochtem Rindfleisch essen wir Meerrettich, also eine weiße Soße. Beim Braten ergibt sich aus dunklem Fleisch von Haus aus eine dunkle Soße, die man dann mit Rotwein, Gemüse und eventuell mit Stärke intensiviert.
Wie schafft man es, aus dem Fleischsaft eine leckere Soße zu machen?
Zunächst muss man den Saft, den sogenannten Jus, auffangen. Dann röstet man das Gemüse – Karotten, Zwiebeln, Sellerie und Lauch. Das kann man in der Pfanne oder im Ofen machen. Bei Lamm gehört natürlich viel Knoblauch dazu. Dazu kommt dann Gemüsebrühe, Lorbeer, Wacholder und Nelke. Für die Farbe gibt man etwas Tomatenmark und eine Prise Zucker dazu, damit die Säure ausgeglichen wird. Den Jus, etwas Rotwein und Wasser hinzugeben, aufkochen und am Schluss alles durch ein Sieb abgießen. Was übrig bleibt, ist ein schöner, klarer Jus. Den kann man noch mit Mais- oder Weizenstärke oder Mehlschwitze binden. Wenn man am Ende etwas kalte Butter zum Glasieren benutzt, kommt man auch ohne Mehlschwitze aus.
Und wie verhindert man Klümpchen?
Man muss die Stärke immer vorher in Wasser oder Rotwein verrühren, dann den Topf vom Herd nehmen, die Flüssigkeit mit der Stärke hinzugeben und erst beim Rühren wieder aufkochen lassen.
Welche Gemüse und Gewürze passen zu hellen Soßen?
Die gleichen Gewürze wie bei dunklem Fleisch, nämlich Lorbeer, Wacholder und Nelke, passen auch zu hellen Soßen. Auch das Gemüse ist das gleiche. Und ich bin ein großer Freund von Knoblauch. Bei mediterranen Gerichten benutze ich auch Thymian und Rosmarin, wobei ich Rosmarin nicht zum Kochen, sondern nur zum Rösten verwende.
Gibt es Fleisch, das auch ohne Soße auskommt?
Ein Steak kann hervorragend nur mit Salat serviert werden, vor allem im Sommer. Auch Hähnchenbruststreifen machen sich gut im Salat. Außerdem gibt es auch kalte Soßen, wie die Frankfurter Soße aus Schmand, Mayonnaise, gekochten, gehackten Eiern und sieben Kräutern.
Sieben Kräuter?
Ja, das sind Kresse, Pimpernelle, Borretsch, Schnittlauch, Petersilie, Sauerampfer und Kerbel. Und die große Streitfrage: Kann Dill rein? Ich verwende schon manchmal Dill, bin kein großer Fan von Borretsch.
Welche Früchte kann man mit Fleisch kombinieren?
Der Klassiker sind asiatische Gerichte, häufig mit Ananas und Mango. Die passen zu hellem Fleisch. Rosinen sind im Sauerbraten unerlässlich. Ich habe auch schon dunkle Soßen mit getrockneten Kirschen gegessen. Orientalische Gerichte beinhalten oft Granatapfel. Und Preiselbeeren sind eine fruchtige Ergänzung zu Wild. Die aus dem Glas sind mir zu süß, ich mache das Kompott selbst – aus Tiefkühlbeeren mit karamellisiertem Zucker.
Und was empfiehlst du für den Sommer?
Kurz gebratenes, eher helles Fleisch und keine schweren Soßen. Huhn oder Pute, gern mit Salat oder Reis. Man kann auch viel mit Kräutern spielen, zum Beispiel mit Minze. Und zu orientalischen Gerichten mache ich gern Couscous oder Bulgur.
Warum stiehlt bei Fleischgerichten eigentlich das Fleisch den Beilagen oft die Show?
Das sind die alten deutschen Essgewohnheiten: ein gutes Stück Fleisch auf dem Teller, und der Rest fällt eher klein aus. Ich versuche aber immer, das Gemüse als gleichberechtigten Partner dabei zu haben.
Damit nicht nur das Gemüse gut schmeckt: Wie gelingt das perfekte Steak?
Ich mag es nicht blutig, sondern englisch, also medium. Außen knusprig, innen zart. Dazu brät man das Fleisch in der Pfanne scharf an und lässt es dann im Ofen oder in der Pfanne nachziehen. Bei Rumpsteaks oder Entenbrust kann das Nachziehen ruhig zehn Minuten dauern. Salz und Pfeffer reichen zum Würzen aus, ich persönlich mag das Maldon-Salz sehr gern. Die Flocken schmelzen so herrlich auf dem Fleisch.
■ Christoph Esser ist Koch im taz-Café in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße – der Betriebskantine der taz-Belegschaft. Er beantwortet hier einmal im Monat die Fragen der Leser: fragdenkoch@taz.de
■ Nächste Woche schreibt Philipp Maußhardt über vergessene
Rezepte
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