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Gestreckte Zeitpläne

Die Entwicklung der Brennstoffzelle kommt langsamer voran als noch vor wenigen Jahren prognostiziert. Ein Hauptgrund sind Probleme mit den so genannten Stacks

Rund um die Brennstoffzelle ist der Realismus eingekehrt. Ende der 90er-Jahre hatten internationale Technologieunternehmen noch von serienreifen Produkten binnen eines halben Jahrzehnts geschwärmt. Doch zwischenzeitlich mussten sie erkennen, dass die Entwicklung so schnell doch nicht vorangeht – die Ingenieure hatten die technischen Probleme erheblich unterschätzt.

„Man hat damals den Mund zu voll genommen“, sagt heute Robert Steinberger-Wilckens, Brennstoffzellenexperte am Forschungszentrum Jülich. Vor allem an der Langfristbeständigkeit der Zellen wird noch intensiv gearbeitet: „Mit solchen Materialproblemen hatte Ende der 90er-Jahre niemand gerechnet.“

Entsprechend optimistisch waren seinerzeit die Ankündigungen. Die Automobilwirtschaft versprach damals eine Serienfertigung von Pkw mit Brennstoffzellenantrieb um das Jahr 2005. Opel zum Beispiel warb 1998 sogar damit, man werde die Brennstoffzelle „marktreif bereits 2004“ ins Automobil bringen. Parallel dazu erklärte DaimlerChrysler für das Jahr 2005 den Start der Serienfertigung von Brennstoffzellen-Pkws, und dachte dabei an die Fertigung von zigtausend Fahrzeugen. Inzwischen jedoch müssen die Autobauer allesamt eingestehen, dass sie vor 2012 keine Brennstoffzellen-Pkw aus Serienfertigung werden anbieten können.

Ähnlich ist die Situation im Sektor der stationären Brennstoffzelle, die als Heizung und Kleinkraftwerk in die Keller von Wohnhäusern vordringen soll. Im Jahre 1999 hatte der Remscheider Kesselbauer Vaillant als Vorreiter auf diesem Gebiet wissen lassen, man werde im Jahr 2003 ein Brennstoffzellen-Heizgerät für den breiten Markt anbieten. Vaillant hoffte bis zum Jahr 2010 auf einen Absatz von 100.000 Geräten jährlich. Heute sind die Töne in Remscheid längst vorsichtiger geworden: „Qualität vor Schnelligkeit“ heißt das neue Motto. Erst wenn alle Tests „zur vollen Zufriedenheit abgeschlossen“ seien, werde „Schritt für Schritt mit der Entwicklung eines Seriengerätes begonnen“.

Auch Mitbewerber Sulzer Hexis in Winterthur konnte seine Ankündigungen nicht einhalten. Noch Anfang dieses Jahrzehnts hatte das Schweizer Unternehmen eine Serienfertigung seiner Brennstoffzellenheizung für 2005 in Aussicht gestellt. Inzwischen steht fest, dass das Projekt von Seiten des Sulzer-Konzerns beendet wird. Es habe sich gezeigt, dass „das Risiko weiterer erheblicher Investitionen im Alleingang nicht verantwortet werden kann“, ließ der Sulzer-Konzern daher im Herbst wissen, und kündigte an, „sämtliche Maßnahmen für eine geordnete Schließung des Geschäfts“ einzuleiten. Inzwischen hat eine ungenannte, in der Schweiz ansässige Stiftung das Brennstoffzellengeschäft von Sulzer übernommen, um es in Eigenregie weiterzuführen – allerdings nur noch mit zwölf statt ehemals 53 Mitarbeitern.

„In der Branche wurde viel Geld verbrannt“, weiß Ingenieur Frank Koch vom Kompetenz-Netzwerk Brennstoffzelle des Landes Nordrhein-Westfalen. Materialprobleme mit den Zellen, aber auch mit anderen Komponenten hätten viel Zeit gekostet. Auch Transportprobleme erwiesen sich als gravierend: Das Herz der Anlagen, die so genannten Stacks, wurden mitunter durch Erschütterungen beschädigt.

Im mobilen Sektor habe man unterdessen lange damit gekämpft, ein System zu entwickeln, das auch bei minus 20 Grad noch funktioniert. Und stets sei auch die Lebensdauer überschätzt worden, sagt Koch. In der Folge kam es auch nicht zum erhofften Preisrückgang der Technik. Kurz: „Man war in vielen Punkten zu blauäugig.“ Unterdessen haben sich die Autofirmen auf eine Serienfertigung im Jahr 2012 eingeschossen. Bis dahin dürfte immerhin klar geworden sein, ob die Brennstoffzelle im Automobil kommen wird: „Wenn dieser Plan nicht eingehalten wird, kann man das Thema wohl komplett abhaken“, sagt Wissenschaftler Steinberger-Wilckens.

Doch mit einem Scheitern rechnet niemand. Brennstoffzellenexperten gehen davon aus, dass die Zelle früher oder später tatsächlich kommen wird. Denn es tue sich derzeit einiges, wie auch Ingenieur Koch zu berichten weiß. Allerdings dürften die beiden großen Märkte Autoantrieb und Wohnraumheizung die letzten sein, die sich entwickeln werden. „In Hochpreissegmente, dort wo es auch um Lifestyle geht, beginnt die Technik bereits einzudringen“, heißt es beim Kompetenz-Netzwerk Brennstoffzelle.

Zum Beispiel gebe es erste Methanol-Brennstoffzellen als Energieversorgung auf Yachten oder in teuren Wohnmobilen. Dort nämlich komme es auf einige tausend Euro Mehrpreis nicht an. Und auch dort, wo die Brennstoffzelle eine Batterie ersetzt, etwa in Elektrogeräten, werde sie bald einen großen Markt finden. Ingenieur Koch ist überzeugt: „Der Erfolg wird sich anschließend auch auf Personenkraftwagen und Heizsysteme ausdehnen.“ BERNWARD JANZING

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