Journalistin besiegt „Asiens Berlusconi“

Thailands Justiz spricht Medienrechtlerin Supinya frei. Die Affäre stand im Zentrum der Proteste gegen Premier Thaksin

BANGKOK taz ■ Thailands Protestbewegung gegen Premier Thaksin Shinawatra hat Rückenwind von der Justiz bekommen. In dem Verleumdungsprozess gegen die Medienrechtlerin Supinya Klangnarong, angestrengt von dem einst von Thaksin gegründeten Telekommunikationskonzern Shin Corp, hat ein Bangkoker Gericht die junge Frau gestern freigesprochen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Medienrechtlerin ihre Aussagen in gutem Glauben gemacht habe.

Die Richter sahen es nicht als erwiesen an, dass die Äußerungen Supinyas dem Ansehen des Telekommunikationsriesen geschadet hätten. Sowohl der Strafprozess als auch die Zivilklage sind vom Tisch.

Das Urteil gilt als Meilenstein in Thailands Mediengeschichte: Im juristischen Kampf „David gegen Goliath“ hat sich die Mitarbeiterin einer kleinen Nichtregierungsorganisation gegen einen mächtigen, einst vom populistischen Premier gegründeten Konzern durchgesetzt. Die Entscheidung des Gerichts dürfte auch den Demonstranten Aufwind geben, die seit Wochen zu mehreren zehntausend auf Bangkoks Straßen den Rücktritt von Thaksin fordern. Denn wegen des umstrittenen Verkaufs der Shin Corp an die Singapurer Investmentgesellschaft Temasek ist der Regierungschef unter Druck geraten. Für den Milliardendeal musste der Clan des Premiers keine Steuern zahlen.

Supinya selbst zeigte sich gestern überglücklich: „Das Urteil war großartig. Es zeigt, dass sich Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrheit in der thailändischen Gesellschaft durchgesetzt haben“, so die 33-Jährige gegenüber der taz. „So habe ich die Freiheit gewonnen, das auszudrücken, was ich meine, und das gilt auch für die Thai Post, die ebenfalls das Recht hat, ihre Arbeit im öffentlichen Interesse zu tun.“

Im Sommer 2003 hatte Supinya der Zeitung Thai Post ein Interview gegeben. Darin hatte sie unter anderem erklärt, dass die Profite der Shin Corp deutlich angestiegen seien, seit Thaksin Shinawatra und seine regierende Partei „Thais lieben Thais“ an die Macht gekommen waren. Bis zum Verkauf des Konzerns an Temasek war Shin Corp Thailands größter Mobilfunkanbieter, beherrschte das Satellitengeschäft und hielt Anteile an Rundfunk- und Fernsehkanälen. Als Thaksin Anfang 2001 Regierungschef wurde, überschrieb er seine Firmenanteile offiziell seiner Frau und seinen Kindern.

Die Kommentare der Medienrechtlerin schmeckten dem mächtigen Unternehmen überhaupt nicht. Es strengte Klage an. Bei einem Schuldspruch im Strafverfahren hätten Supinya bis zu zwei Jahre Gefängnis gedroht. Bei der zivilen Klage ging es um eine Geldstrafe von bis zu 400 Millionen Baht – umgerechnet 8 Millionen Euro.

Supinya Klangnarong ist nicht die Einzige gewesen, die unter verschärftem Druck zu leiden hatte. Journalisten, die sich kritisch mit der Administration auseinandersetzten, wurden ihrer Posten enthoben oder entlassen. Außerdem sicherten sich einflussreiche politische Stellen verstärkt Anteile an bestimmten Medien. Thaksins Führungsstil, der auch durch enge Verflechtungen politischer und wirtschaftlicher Interessen gekennzeichnet war, brachte ihm den Titel „Asiens Berlusconi“ ein.

Indes hofft Supinya, dass das Urteil dazu beiträgt, die Meinungsfreiheit auf lange Zeit zu sichern: „Einige Politiker oder andere mächtige Leute werden es sich künftig besser überlegen, ob sie anderen Menschen mit juristischen Maßnahmen drohen“, sagt die Medienrechtlerin. „Letztlich gerät so etwas für sie zum Bumerang.“ NICOLA GLASS