: Neuer Senator, alter Kurs
BÜRGERSCHAFT Carsten Frigge (CDU) soll zum neuen Finanzsenator ernannt werden und sich sogleich einer Debatte um eine neue Haushaltspolitik stellen
Seit 2007 war er Vorsitzender der Hamburger CDU. Zusammen mit Bürgermeister Ole von Beust setzte er die Öffnung der Union zur gesellschaftlichen Mitte durch und letztlich die Bereitschaft zur Koalition mit der GAL.
■ Dem Kabinett gehörte Freytag seit 2004 an, zunächst als Bau- und Umweltsenator, danach als Finanzsenator. Zuvor hatte er drei Jahre lang die CDU-Bürgerschaftsfraktion geführt, der er seit 1991 angehörte.
■ Der gelernte Bankkaufmann und promovierte Jurist war vor allem wegen der Nordbank-Affäre in die Kritik geraten. Seine Hoffnungen, Beust als Bürgermeister nachzufolgen, sanken dadurch auf den Nullpunkt.
■ Neuer CDU-Vorsitzender soll im Juni der Fraktionschef in der Bürgerschaft, Frank Schira, werden.
Einen neuen Kurs in der Hamburger Haushaltspolitik verlangt die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft – aber mehr als einen neuen Finanzsenator wird sie nicht bekommen. In der Sitzung des Landesparlaments am morgigen Mittwoch soll der Christdemokrat Carsten Frigge auf Vorschlag von Bürgermeister Ole von Beust von der Bürgerschaft gewählt werden. Der 46-jährige Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde soll Nachfolger des zurückgetretenen Finanzsenators Michael Freytag (CDU) werden. Wegen der klaren Mehrheit der schwarz-grünen Koalition gilt seine Ernennung als sicher.
Dass sein neues Amt kein leichtes wird, will die Opposition Frigge umgehend klar machen. Sofort nach seiner Vereidigung darf er von der Senatsbank aus das erste Debattenthema verfolgen. Einen finanzpolitischen „Kurswechsel“ verlangt die SPD, und sie hat klare Vorstellungen, wie der aussehen soll: höhere Einnahmen und geringere Ausgaben. Zudem sollten alle „Schattenhaushalte“ wie das „Sondervermögen Schulbau“ aufgelöst werden und die entsprechenden Ausgaben wieder im offiziellen Haushalt der Stadt ausgewiesen werden.
Durch diesen finanzpolitischen Trick würden Kredite in Milliardenhöhe ausgelagert und dadurch die verfassungsrechtlichen Grenzen der Neuverschuldung im „Kernhaushalt“ eingehalten. Zudem wollen die Sozialdemokraten „Luxusprojekte“ wie die neue Hafen City-Uni oder den Umzug der Universität auf den Grasbrook stoppen, dafür fordern sie die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Ob Frigge ohne Schonfrist selbst das Wort ergreifen wird, war am Montag noch unklar.
Vor Frigges Kür steht bereits eine andere Debatte auf der Tagesordnung, die den unmittelbaren Zusammenhang von Finanz- und Sozialpolitik illustriert. Die von der Sozialbehörde beabsichtige Erhöhung der Kita-Gebühren wird das beherrschende Thema der aktuellen Stunde sein. Nach Ansicht von SPD und Linkspartei will der schwarz-grüne Senat für seine Fehlplanungen „Familien die Zeche zahlen“ lassen – bei solchen Vorlagen fällt das Opponieren leicht. SVEN-MICHAEL VEIT
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