piwik no script img

„Ohne Fett kann niemand leben“

GESÄTTIGT Ein Gespräch mit dem taz-Koch Christoph Esser über rauchendes Olivenöl, gehärtete Bratblöcke und die Frage, warum warmes Essen schlank macht

„Wenn du dir deine Bulette brätst, und das war’s, dann brauchst du keine große Auswahl. Aber wer gern kocht, merkt schon den Unterschied“

CHRISTOPH ESSER, KOCH IM TAZ-CAFÉ, ÜBER DIE VIELFALT AN ÖLEN

INTERVIEW LEA BECKER

sonntaz: Christoph, das Wort „Fett“ ist ja nicht sonderlich positiv besetzt. Brich doch bitte mal eine Lanze fürs Fett.

Christoph Esser: Der Körper braucht ungesättigte Fettsäuren, ohne Fette könnte kein Mensch überleben. Außerdem ist Fett auch als Geschmacksträger wichtig, weil es Aromen bindet.

Ist fettarm zwangsläufig geschmacksarm?

Also ich find’s nicht lecker. Man merkt das besonders bei fettarmer Milch und fettarmem Joghurt. Die beste Methode, um seine Figur zu halten, ist, so oft wie möglich warm zu essen. Das sättigt nachhaltiger.

Warum sind ungesättigte Fettsäuren eigentlich besser als gesättigte?

Weil der Körper sie leichter aufnehmen kann. Der Vorteil von gesättigten Fettsäuren ist, dass du sie höher erhitzen kannst. Es gibt ja diese Bratfette, so richtige harte Blöcke. Die eignen sich gut zum Frittieren oder Braten, sind aber definitiv ungesund.

Also nur im Ausnahmefall verwenden?

Ja. Auch mit Öl kann man gut frittieren, mit Raps- oder Erdnussöl zum Beispiel. Man darf es dann aber nicht zu oft benutzen – am besten nur einmal, keinesfalls öfter als dreimal. Das macht Frittieren übrigens ganz schön teuer.

Gibt es ein Öl, das vom Salatdressing bis zum Frittieren alles kann?

Distelöl. Das eignet sich zwar eher für kalte Speisen, man kann es aber auch gut erhitzen. Zum Frittieren brauchst du ja 180 Grad, bei manchen Sachen 190 Grad. Olivenöl fängt bei so einer Temperatur an zu rauchen. Dann kann man es direkt wegschmeißen.

Was ist eigentlich das berühmte native Olivenöl?

Olivenöl wird zwischen großen Matten gepresst und danach gefiltert. Diese erste Pressung ist das native Olivenöl.

Wofür benutzt man das?

Für Salate natürlich und für kalte Saucen mit vielen Kräutern und gehackten Kapern drin. Das passt super zu leichten Gerichten wie pochiertem weißen Fisch. Auch zum Aromatisieren wird natives Öl benutzt. In eine gute Bolognese beispielsweise wird am Ende noch Olivenöl untergerührt. Ich selber bevorzuge mildes Olivenöl. Dafür brauchst du sehr reife Oliven. Je grüner das Olivenöl ist, desto unreifer waren die Oliven. Das ist aber oft gewollt, um einen markanten Geschmack zu kriegen.

Du hast jetzt schon einige Öle genannt, aber es gibt ja viel mehr: Leinöl, Hanföl, Sojaöl, Sesamöl. Braucht man das alles?

Wenn du dir deine Bulette brätst, und das war’s, dann brauchst du natürlich keine große Auswahl. Aber wer gern kocht, merkt schon den Unterschied. Geröstetes Sesamöl zum Beispiel, das benutzt man ja eigentlich mehr als Gewürz. Tropfenweise, weil das so einen intensiven Geschmack hat. Bei asiatischen Gerichten finde ich das sehr lecker. Leinöl ist ein hochwertiges Öl mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Das ist aber auch empfindlich und wird deshalb meist in Dosen oder dunklen Flaschen verkauft. Leinöl muss man im Kühlschrank aufbewahren. Aber das sollte man sowieso mit allen hochwertigen Ölen machen.

Stimmt es, dass man auf Rohkost immer Öl geben sollte, damit der Körper die Vitamine besser aufnehmen kann?

Ich weiß es nur von Möhren, aber warum sollte es bei Kohlrabi und anderem Gemüse, das A-Vitamine enthält, anders sein? Wenn ich Rohkost in den Salat gebe, mache ich auch ein bisschen Öl dran. Zitrone, Öl und eine Prise Zucker.

Zucker?

Pssst.

Na gut. Welches Fett benutzt du, um Fleisch zu braten?

Viele nehmen dafür ja ein hartes Fett oder auch Schmalz, aber das ist nicht mein Ding. Ich benutze Rapsöl.

Kann man auch ganz ohne Fett braten, wenn man zum Beispiel eine Teflonpfanne benutzt?

Kann man, aber das macht doch keinen Spaß! Ich habe eine Zeit lang in einem japanischen Restaurant gearbeitet. Da hatten wir fettgetränkte Tüchlein, mit denen wir die Pfannen eingerieben haben. So benutzt man ganz wenig Öl. Kann man auch mit Küchenrolle machen: zusammenknüllen, in Öl tunken und die Pfanne damit ausreiben. Wenn man sie vorher heiß werden lässt, hat das Öl sofort die richtige Temperatur.

Wie hältst du es denn mit der Bratpfanne? Abwaschen oder auswischen?

Kommt drauf an. In den großen Pfannen, die wir hier haben, braten wir eigentlich nur herzhafte Sachen. Die spülen wir mit klarem Wasser ab und reiben sie dann mit Küchenrolle aus. Wenn du aber Blaubeerpfannkuchen machen willst, und hast vorher in der Pfanne Buletten gebraten, solltest du sie besser richtig sauber machen. Sonst schmeckt der Pfannkuchen nach Bulette.

Einen Klassiker unter den Ölen haben wir ganz vergessen, das Sonnenblumenkernöl.

Das ist auch super für Salate. Und es ist hervorragend zum Mundspülen, schon mal gehört?

Nein.

Das ist ein Tipp zur Entgiftung: Morgens einen Esslöffel Sonnenblumenkernöl richtig durchkauen. Ausspucken, dann ausspülen. Das hilft auf jeden Fall, wenn man es regelmäßig macht.

Christoph Esser ist Koch im taz-Café in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße – der Betriebskantine der taz-Belegschaft. Er beantwortet hier einmal im Monat die Fragen der Leser: fragdenkoch@taz.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen