: Kein Interesse an der Ölpreisbindung
Gaspreis-Klage: Landgericht bringt die swb in die Bredouille. Deren Verträge seien „nicht gerichtsfest“
Fast eine Stunde hat sie gesprochen. Hat das verworrene Geflecht von Vorlieferanten-Verträgen, Gas-Sondertarifen und Ölpreis-Reinschienennotierung aufgedröselt, zerlegt, analysiert. Und auf einen einfachen Satz reduziert. „Das führt im Ergebnis zur Unwirksamkeit der Preiserhöhungen der Beklagten.“ Britta Gustafsson, Vorsitzende Richterin am Landgericht, hat ihren Vortrag beendet. swb-Vorstand Andreas Gonschor, gewissermaßen der Beklagte, sitzt mit gefalteten Händen am Pult. Den vollbesetzten Schwurgerichtssaal im Bremer Landgericht erfüllt minutenlanges Schweigen.
59 GaskundInnen der swb haben Sammelklage gegen dessen letzte vier Preiserhöhungen erhoben. Von 4,01 auf 5,55 Cent ist der Preis für die Kilowattstunde seit Oktober 2004 gestiegen – ein Plus von 38 Prozent.
Drei Rechtsanwälte bot die swb gestern auf, um diesen Anstieg zu rechtfertigen. Gustafsson zog ihnen den Boden unter den Füßen weg. Welchen Preis die swb der eon ruhrgas, ihrer Vorlieferantin zahle, und ob der an den Ölpreis oder an Personalkosten gebunden sei, brauche die KundInnen der swb nicht interessieren. Für die sei einzig und allein die in ihren Verträgen enthaltene Preisanpassungsklausel entscheidend. Die müsse „so konkret ausgestaltet sein, dass der Kunde Preisveränderungen nachprüfen und beurteilen kann“ und es müsse „nachvollziehbare Begrenzungen“ für Preiserhöhungen geben. Für die Verträge, die die swb mit ihren GaskundInnen abgeschlossen hat, bedeutet das, so Gustafsson knapp: „durchgefallen“.
Ein Urteil will das Gericht am 19. Mai verkünden. Bleibt es bei seiner gestern verkündeten Auffassung, wären damit eigentlich alle Preiserhöhungen der swb hinfällig. Geld zurück gäbe es aber nur für die, denen auch widersprochen wurde – im Fall der KlägerInnen also für die letzten vier. Alle vorherigen Preissteigerungen dürften, juristisch gesehen, als akzeptiert gelten. Ob auch diejenigen KundInnen Geld zurückerhalten, die den vier Erhöhungen seit Oktober 2004 nicht widersprochen haben, ließ die swb gestern offen. sim
wirtschaft SEITE 12, taz nord SEITE 26
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