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sepp blatter – der mächtigste Mann der Welt„Sie sind ein feiner Kerl“

Der Gobelinsaal des Hotels Vier Jahreszeiten am Neuen Jungfernstieg gehört zum Feinsten, was Hamburg zu bieten hat. Standesgemäß also, wenn der mächtigste Mann der Welt kommt.

Nein, nicht der Papst. Der hat zwar eine Milliarde Anhänger, aber die Hälfte von ihnen hält sich nicht an die einfachsten Glaubensregeln. Auch nicht Staatspräsident Chen-Shui Bian, immerhin Herr über 1,3 Milliarden Chinesen – aber wahrscheinlich ist jeder dritte ein Dissident. Auch George W. Bush war nicht da, nur Generalkonsul Duane C. Butcher. Nein, der mächtigste Mann der Welt, das ist natürlich Joseph S. Blatter. Der hat zwar nur 250 Millionen organisierte Fußballer hinter sich, aber zählt man die Fußballfans mit, ist es locker über eine Milliarde. Und die spuren: Wenn Blatters Fifa beschließt, was fürderhin als Abseits zu gelten hat, dann spielen alle danach, und wehe dem Fahnenmann, der es nicht tut.

Opposition? Soll es geben, auch in der Fifa, aber die hat Blattersepp bisher immer noch lässig weggebissen. „Da hat mir meine militärische Ausbildung viel geholfen“, sagt der Schweizer, der aussieht wie ein Miniatur-Scholl-Latour, über seinen Führungsstil. Kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man ihn so entspannt in seinem Sessel auf der „Hamburg Soirée“ über die Sportstadt Hamburg und seine Bewunderung für den FC St. Pauli parlieren hört. Ein Ursympath, der immer wohl gesetzte Worte findet und sie mit seinem gemütlichen Oberwalliser Akzent würzt. Aber er kann auch anders: Auch an diesem Abend fällt das Wort vom „Weltkrieg“, den er den als G14 zusammengeschlossenen mächtigsten europäischen Fußballclubs angedroht hat. Aber dazu kam es nur, weil es irgendwann 18 Clubs waren. Da sei man schnell bei ‘14/‘18 gewesen und die Assoziation mit dem 1. Weltkrieg habe nahe gelegen. Zu drastisch scheint sie dem Blattersepp nicht: Schließlich hat sich der Fifa-Präsident zum Anwalt der Schwachen gemacht, die er gegen die ungestillte Gier der Superreichen verteidigt. Solidarität verlangt er. Aber die Spitzenclubs sind unverschämt genug, „nachdem sie Lateinamerika und Afrika ausgeplündert haben“, den Ländern die Einsätze in der Nationalmannschaft in Rechnung zu stellen.

Die Zornesadern schwillen dem polyglotten, konzilianten Sportmanager an, wenn er auf das Thema Rassismus kommt: „Wir werden damit Schluss machen“, sagt er. Punktabzüge, Zwangsabstiege, notfalls auch an den nationalen Verbänden vorbei. „Wenn der Di Canio gesperrt wird, sagt er doch: Wir sind eh‘ so viele im Team“, meint er über den Römer, der die Fans mit erhobenem rechtem Arm zu grüßen pflegt. „Wenn der erste Club abgestiegen ist, ist ein für alle Mal Schluss damit“, sagt Blatter mit dem Selbstbewusstsein des mächtigsten Mannes der Welt.

So viel Konsequenz macht auch dem nach der knappen Bestätigung seines neuen Justizsenators sichtlich gestressten ersten Bürgermeister Eindruck. „Sie sind ein feiner Kerl“, sagt Ole von Beust, und herzt den Gast zum Abschied. Das ist vielleicht die höchste Auszeichnung, die ein Hanseat zu vergeben hat. jank

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