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Experten stinkt die Wannsee-Deponie

Umweltfachleute bemängeln die Sicherung der stillgelegten Müllkippe. Die Abdeckung mit einer Erddecke entspreche nicht dem Stand der Forschung. Der Grund: Regen versickert und wäscht Gifte aus den Abfällen ins Grundwasser

Dass über eine stillgelegte Mülldeponie irgendwann mal Gras wächst, ist nichts ungewöhnliches. Im Fall der inzwischen begrünten Wannsee-Deponie greift der Senat in jeder Hinsicht zur Gras-drüber-Methode – auch bei der Öffentlichkeitsarbeit. „Sehr erstaunlich“ findet es der Hydrogeologe Traugott Scheytt, „dass es unmöglich ist, an Informationen über Schadstoffe im Sickerwasser zu kommen“. Die braune Brühe, die die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling neben ihm in einer Sprudelwasserflasche hoch hält, macht die Verschwiegenheit verständlich.

Der Senat hat folgerichtig keinen Behördenfachmann zu der Podiumsdiskussion geschickt, die Hämmerling gestern zu ihrem Lieblingsthema organisiert hat – der Sicherung der Wannsee-Deponie. Auch die BSR sagte ab. Beide hätten einen schweren Stand gehabt. Denn die geladenen Experten kamen einhellig zu dem Ergebnis, dass die im Jahr 2004 abgeschlossene Sicherung der Deponie nicht ausreicht. Mit Lastern war eine 1,70 Meter dicke Erdschicht auf die Deponie gekarrt worden. Die so genannte „qualifizierte Wasserhaushaltsschicht“ hatte rund 20 Millionen Euro gekostet. Sie hält laut BSR 90 Prozent des Niederschlags zurück. Der Rest müsse durchkommen, um „biologische Abbauprozesse zu erhalten“.

Diese Billigvariante einer Deponiesicherung entspricht nicht dem Stand der Forschung – so lautet etwas vereinfacht das Fazit des Geotechnik-Experten Horst Düllmann. „Standard ist heute die Abdichtung mit einer Folie oder einer mineralischen Sperrschicht – darüber kommt Erdreich als Rekultivierungsschicht.“ Die BSR hatte eine umfassende Sicherung wegen zu hoher Kosten abgelehnt.

Was zwischen den 50er- und 80er-Jahren neben dem Griebnitzsee in alte Sandabbaulöcher gekippt wurde, ist eine gefährliche Mischung. Zu 28 Millionen Kubikmetern Haus- und Industriemüll kamen 400.000 Kubikmeter Sonderabfälle wie Altöl oder Klärschlamm. Die Grünen bezahlten 2003 eine Laboruntersuchung des Grundwassers unter der Deponie. Neben Weichmachern und Insektiziden fanden die Forscher eine Arsenmenge, die den Grenzwert der Bundesbodenschutzverordnung um das 22-Fache überschreitet.

Ohne Senatsdaten kann Hydrogeologe Scheytt die Schadstoffwerte nur schätzen. Die 1982 geschlossene Deponie dürfte sich „in der sauren Phase“ befinden, sagt er. Das bedeutet: Das Sickerwasser hat einen niedrigen pH-Wert und löst Schwermetalle leichter aus den Abfällen heraus. Die Gifte gelangen in unterschiedlich tief liegende Grundwasserschichten, die in alle Richtungen abfließen: in den Griebnitzsee, aber auch zum nahe gelegenen Golfplatz, wo der Rasen im Sommer mit Grundwasser gesprengt wird. Das Thema bleibt Berlin jedenfalls erhalten: „Die Grundwasserbelastung nimmt mit den Jahren eher zu“, so Scheytt. ULRICH SCHULTE

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