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„Menschenwürdig wohnen“

WOHNRAUM Linksfraktion diskutiert über dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen

Zaklin Nastic

■ 33, die Juristin ist bei der Linksfraktion Eimsbüttel für Bildung, Integration, Sport und Jugendhilfe zuständig.

taz: Frau Nastic, welches sind die größten psychosozialen Probleme in Hamburgs Flüchtlingsunterkünften?

Zaklin Nastic: Abgesehen von den Traumata, die die Menschen mitbringen, ist es in den großen Lagern sehr belastend, mit fünf, sechs Personen auf wenig Raum zu leben. Keinen Rückzugsort zu haben, kann auf Dauer psychisch sehr belastend sein. Ich kenne das aus eigener Erfahrung.

Woher?

Ich bin 1990 als Neunjährige als Spätaussiedlerin aus Polen gekommen. Und unsere erste Unterkunft war auf einem Schiff auf der der Elbe. Da habe ich mit meiner Mutter, einer weiteren Frau und zwei Männern auf acht Quadratmetern gelebt. Der Raum bestand nur aus Betten, einem Schrank und einem Tunnel zum Bad.

Worunter haben Sie am stärksten gelitten?

Als das Lager an der Lokstedter Höhe ins Gespräch kam und alle sagten, wir wollen da hin, haben das Bezirksamt und der Verein Fördern und Wohnen gesagt: Bitte kommt nicht alle gleichzeitig! Das konnte ich verstehen, denn wenn man in ein fremdes Land kommt, muss man sich erstmal zurechtfinden. Wenn dann ständig fremde Leute kommen, ist das ein bisschen viel.

Trotzdem hat Ihre Linksfraktion dem Containerlager Lokstedter Höhe zugestimmt.

Als erste Not-Notlösung. Aber es ist wichtig, diesen Zustand so kurz wie möglich halten, zumal es dort keine Kochplätze gibt.

Was schlagen Sie vor?

Wir wollen ein Konzept! Denn die Unterbringung in Containern, Kasernen und Zelten betrachten wir nicht als Willkommenskultur. Leverkusen etwa hat 1999 ein neues Konzept zur Unterbringung umgesetzt und zunächst 80 Personen in Wohnungen untergebracht. Das war preisgünstiger als die Container.

Aber in Hamburg gibt es schon jetzt zu wenig Wohnungen.

Wir fordern, dass Wohnungsbauprogramme künftig feste Quoten an Flüchtlingswohnungen enthalten. Dazu gehört auch eine ausgewogene Verteilung der Menschen auf die Stadt. INTERVIEW: PS

Diskussion „Menschenwürdiges Wohnen und Leben für Flüchtlinge ins Eimsbüttel“ mit Christiane Schneider (Bürgerschaftsabgeordnete der Linksfraktion) und Zaklin Nastic (Linksfraktion Eimsbüttel): 19 Uhr, New-Living-Home, Julius-Vosseler-Str. 40

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