: Abgesang auf die Gewalt
Wie 2005 soll auch das 4. Myfest in Kreuzberg die Randale am 1. Mai eindämmen
Warum etwas ändern, was sich bewährt hat? Das dürfte sich auch Cornelia Reinauer (Linkspartei.PDS), Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, gedacht haben. Nicht einmal das Motto des Myfests in Kreuzberg wurde geändert. Wie im vergangenen Jahr lautet es: „Farbe bekennen – für Arbeit, Bildung und kulturelle Vielfalt“. Die Themen seien nach wie vor aktuell, rechtfertigte sich Reinauer gestern bei der Vorstellung des Programms.
Die vielen Ehrenamtlichen hätten einen „steinigen Weg“ hinter sich gebracht, sagte die Bezirksbürgermeisterin. Endlich gebe es nun die Hoffnung, dass die Arbeit zum ersten Mal „Früchte trägt“. Damit meint sie die Eindämmung der alljährlichen Gewalt am 1. Mai.
Zusammen mit Anwohnern hatte der Bezirk 2003 zum ersten Mal das Fest ins Leben gerufen. Mit kulturellen Veranstaltungen sollte den Krawallmachern der Raum genommen werden. Im vergangenen Jahr ist die Gewaltbereitschaft erstmals rückläufig gewesen. In diesem Jahr rechnen die Veranstalter mit einem ähnlich guten Verlauf.
Das Myfest, das vom Senat mit 130.000 Euro bezuschusst wird, ist das Vierte seiner Art. Erneut soll am 1. Mai vom frühen Nachmittag bis spät in die Nacht zwischen Mariannenplatz, Oranienstraße, Kottbusser Tor und Görlitzer Bahnhof auf den Straßen gefeiert werden.
Auf dem Heinrichplatz präsentieren sich Bands mit Weltmusik. Beim „Bullenwinkel“ in der Adalbertstraße rappen arabische Hiphopper, und am Feuerwehrbrunnen vor dem Mariannenplatz wollen türkische Volksmusiker auftreten. Die Naunynstraße ist zur Jugendstraße umbenannt. Ach ja, und wer am Tag der Arbeit demonstrieren möchte – auch der kommt zum Zuge: Einmal um 13 Uhr bei der traditionellen revolutionären 1.-Mai-Demo auf dem Oranienplatz. Und erstmals in Berlin findet in diesem Jahr die so genannte Euro-Mayday-Parade statt, ein politischer Aufzug gegen „prekäre Lebensverhältnisse“, der ab 16 Uhr vom Spreewaldplatz in Kreuzberg nach Neukölln ziehen wird (taz berichtete). Die OrganisatorInnen beider Demonstrationen sind zwar nicht Teil des Myfests. Bezirksbürgermeisterin Reinauer zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass sich niemand im Weg stehen werde.
Einen Stolperstein befürchtet die Polizei. Zwar habe sich aus dem autonomen Spektrum noch niemand zu Wort gemeldet, sagte ein Vertreter. Ähnlich wie im vergangenen Jahr könnte es aber auch in diesem Jahr wieder zu einer Spontandemo kommen. Die wenigen Scharmützel, die es 2005 gab, gingen von dieser Demo aus. Felix Lee
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