piwik no script img

Katholiken gegen Papst

Anhänger des polnischen Radio Maryja attackieren Benedikt XVI., weil er Antisemitismus im Sender kritisierte

Ein neuer Antisemitismus-Streit droht Polens katholische Kirche zu spalten. Die Kritik Papst Benedikts XVI. am katholisch-antisemitischen Sender Radio Maryja sollte den polnischen Bischöfen helfen, energischer gegen den Sender vorzugehen (siehe taz von gestern). Nun schlagen die Anhänger von Radio Maryja zurück. Schuld an der Kritik, der Radio Maryja ausgesetzt ist, sei der deutsche Papst im Vatikan. „Das Dritte Reich hat den Deutschen das moralische Rückgrat genommen. Das ist ihnen bis heute nicht gewachsen“, wütete Bogusław Wolniewicz.

Der emeritierte Philosophieprofessor ist Vorsitzender des so genannten unabhängigen Ethikrates der Medien, in dem vor allem Radio-Maryja-Unterstützer sitzen. Verwechslungen des neuen „unabhängigen“ Rates mit dem alten „Ethikrat der Medien“ sind wohl erwünscht. Der alte Ethikrat, ein Zusammenschluss polnischer Medien, hatte Radio Maryja für den antisemitischen Kommentar von Stanisław Michalkiewicz Ende März nämlich kritisiert. Darin hatte Michalkiewicz jüdische Gemeinden beleidigt, die seit einigen Jahren verstaatlichte Synagogen, Friedhöfe, Krankenhäuser und Schulen zurückerhalten. Die Attacken auf Radio Maryja seien eine Form des „Kampfes gegen die katholische Kirche“, schrieb ein gutes Dutzend Professoren in der Tageszeitung Nasz Dziennik.

Michalkiewiczs Kommentar sei nicht antisemitisch, sondern zeige, wie polnische Medien dazu gebracht würden, positiv über jüdische Eigentumsrückforderungen an den polnischen Staat zu berichten. Radio Maryja, ergänzte Wolniewicz, breche nicht nur das „Monopol der linken Medien in Polen“, sondern auch das Tabu, über Juden nichts Schlechtes zu sagen.

„Niemand auf der Welt fürchtet sich so, Antisemit genannt zu werden, wie die Deutschen“, so Wolniewicz. „Es wächst in mir der schreckliche Verdacht“, so Wolniewicz zu den mehreren Millionen Hörern der „Familie Radio Maryja“, „dass diejenigen, die diese neuerliche Attacke auf euch organisieren, es auszunutzen versuchen, dass der Papst ein Deutscher ist und es ihm unglaublich schwer fallen muss, jemanden offen zu verteidigen, der durch die Medien und möglicherweise die engsten Vertrauten des Papstes als antisemitisch verschrien ist“. G. Lesser

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen