WOLFGANG GAST LEUCHTEN DER MENSCHHEIT: Organhandel – auf einen Tee mit der AfD
Hut ab, Kollegen! Dem Bericht auf der Website Nachdenkseiten zur „Alternative für Deutschland“ (AfD) – kurz vor der Wahl – ist auch jetzt wenig hinzuzufügen. 4,7 Prozentpunkte konnte die vor einem halben Jahr gegründete Partei vor zwei Wochen einfahren, vor allem, weil sie für den Austritt aus dem Euro streitet. Das mit der Gemeinschaftswährung ist aber nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs. Zu Recht weist Autor Jens Berger darauf hin, dass nach Republikanern, Bund freier Bürger und Schill-Partei die AfD der nunmehr vierte Versuch ist, eine erzkonservative Partei mit marktliberaler Wirtschafts- und Sozialpolitik zu etablieren. Ein vorerst nur knapp gescheiterter Versuch.
Wer die AfD auf ihren Rechtspopulismus reduziert, läuft Gefahr, die eigentliche ideologische Gefahr zu verkennen, schreibt Autor Berger auf der Webseite www.nachdenkseiten.de. Theoretisch angelehnt an Ludwig von Mises, August von Hayek und Ayn Rand (die man alle nicht wirklich kennen muss) hat sich in der AfD eine Ideologie ausgebreitet, die man am ehesten als marktfundamentalistisch bezeichnen könne. Sie lehnen den Sozialstaat ab und fordern die Unterwerfung aller Lebensbereiche unter die Marktideologie. Die Autoritäten Familie und Kirche sollen das Individuum vor dem Staat schützen. Wie die Tea-Party-Bewegung in den USA sieht auch die AfD in staatlichen Systemen wie der Renten- und Krankenversicherung die Vorstufe zum Sozialismus.
Das offizielle Programm der Newcomer ist bislang kaum mehr als ein dünner Thesenzettel, einige Überraschungen dürften noch folgen. AfD-Vordenker Peter Oberender, so Berger, plädiere beispielsweise dafür, dass Hartz-IV-Empfänger zur Aufbesserung ihrer Finanzen ihre Organe verkaufen dürfen sollten, während der AfD-Vordenker Roland Vaubel den „untersten Klassen“ das passive Wahlrecht entziehen will. Was für Aussichten.
■ Der Autor ist Redakteur der taz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen