: Ambivalente Angelegenheit
RELIGIONS-DIALOG
Ob Religionen zur Gewalt aufrufen, ist eine ewig neue Frage. Derzeit sind sich viele Westeuropäer sicher, dass der Islam genau das tut – zumindest jene, die nicht so genau hinschauen oder lesen, was Reformtheologen wie Abu Zaid dazu schreiben: Dass der Koran die Menschenrechte respektiert und dass Suren über Krieg und Gewalt die Situation zur Zeit des Propheten meinen.
Das will auch Ayatollah Reza Ramezani, Direktor des Islamischen Zentrums Hamburg, beim Symposion „Das Gewaltpotenzial der Religionen“ kommende Woche in Hannover erläutern, um klarzustellen, dass eine Kluft besteht zwischen Lehre, Auslegung – und Instrumentalisierung. Als einzige Ursache religiös motivierter Konflikte sieht auch Erzbischof Gerard Tlali Lerotholi aus Lesotho eine von Machtinteressen geleitete Verwertbarkeit bestimmter Passagen der „Heiligen Bücher“ an.
Aber auch das werden die islamischen, christlichen, jüdischen und hinduistischen Gelehrten nicht verschweigen: Die Geschichte der Religionen ist eine der Ausgrenzung, weil sie ihre Anhänger aufs jeweils einzig Wahre verpflichten. Und die drei monotheistischen Religionen schließen einander strukturell aus: Das Christentum scheint das Judentum überbieten zu wollen, dem Islam zufolge verfälschen wiederum Christen und Juden die Offenbarung Gottes.
Das Phänomen Religion, mit Friedensbotschaft wie mit Gewaltpraxis behaftet – ist also ambivalent, was der Religionsprofessor Bertram Schmidt per „Gegenrede“ auflösen will. An die Praxis macht sich dann der Theologe Martin Leimer: Er fordert eine „anspruchsvolle Sicht von Versöhnung“. Die bürdet sich nicht gleich den Weltfrieden auf – wohl aber zwischenmenschliche „Inseln der Versöhnung“. PS
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