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Verbandelt mit den Fossilien

BIGOTTERIE US-Umweltgruppen investieren ihre Rücklagen in Öl, Bergbau und Agrarindustrie. Dabei fordern sie selbst Städte und Universitäten zum „Divestment“ auf

Deutsche Ökos meiden Aktien

Wie sieht es in Deutschland aus? Die taz fragte bei den vier großen Umweltverbänden nach:

■ Greenpeace parkt nach eigenen Informationen Rücklagen ausschließlich als Terminfestgeld, die Zinserträge machen für 2012 850.000 Euro bei einem Haushalt von 53 Millionen aus.

■ Der BUND legt das Geld „konservativ“ in Festgeldern an und erlöst weniger als 1 Prozent des Etats daraus.

■ Beim Nabu kommen „deutlich weniger als 1 Prozent“ der verfügbaren Gelder aus den Anlagen der Vermögen, die zu 30 Prozent in Aktien liegen können – praktisch unter Ausschluss von Branchen wie Atomkraft, Auto, Gentech oder Ölindustrie.

■ Der WWF Deutschland hat für seinen etwa 20-prozentigen Aktienanteil bei den Anlagen Positivkriterien wie Ökolandwirtschaft oder Energieeinsparung aufgestellt, auch hier liegen die Erträge unter 1 Prozent.

■ Andere Problemlage: Insgesamt macht den deutschen Umweltverbänden wie den Stiftungen vor allem die Zinsentwicklung Sorge: Bei den niedrigen Renditen fällt deutlich weniger Geld für die Umweltarbeit ab als früher. (bpo)

VON BERNHARD PÖTTER

BERLIN taz | Öffentlich die Öl- und Kohleindustrie kritisieren, aber heimlich von deren Gewinnen profitieren: Mit diesem Vorwurf sehen sich Teile der US-Umweltbewegung derzeit konfrontiert. Umweltorganisationen wie The Nature Conservancy oder Conservation International haben beachtliche Teile ihres Vermögens in Aktien von Öl- und Kohlekonzernen angelegt, andere Organisationen weigern sich, ihre Anlagepolitik offenzulegen. Das ist das Ergebnis einer Recherche, die die kanadische Autorin und Aktivistin Naomi Klein in der Zeitschrift The Nation veröffentlicht hat.

Danach hat The Nature Conservancy, eine der großen Öko-NGOs, mit einem Stiftungsvermögen von einer knappen Milliarde US-Dollar insgesamt 22,8 Millionen in den Energiesektor investiert. Die deutlich kleinere Ocean Conservancy hat von ihren Investments von 14 Millionen etwa 800.000 Dollar in den Bereichen „Energie, Stromversorger, Rohstoffe“ angelegt. Und die Wildlife Conservation Society, die ein Stiftungskapital von 377 Millionen Dollar hat, verweigerte Klein detaillierte Auskünfte, in ihrem Investmentbericht gibt es aber eine eigene Kategorie „Energie, Bergbau, Ölförderung und Agrarindustrie“.

Zugleich führt etwa die Umweltorganisation 350ppm.org eine Kampagne, mit der sie öffentliche Investoren wie Städte oder Universitäten zum „Divestment“ bringen will, also dazu, ihr Geld aus ökologisch bedenklichen Unternehmen abzuziehen. Experten sehen den wirtschaftlichen Schaden für die kritisierten Firmen als gering an, der Imageverlust könne aber schwer wiegen. In Großbritannien wirft eine aktuelle Studie „Knowledge and Power“ den Universitäten des Landes vor, finanziell eng mit der fossilen Industrie verbandelt zu sein. Umgerechnet etwa 8,4 Milliarden Euro – 3.200 Euro pro Studierenden – hätten die Universitäten in Firmen aus der Kohle-, Gas- und Ölindustrie investiert, so die Studie, die drei Aktivistengruppen in Auftrag gegeben haben. Finanziert wurde sie laut dem Online-Dienst Climate News Network zum Teil durch Studierende und Angestellte der britischen Hochschulen.

Trotz dieser „Divestment“-Debatte mussten viele US-Umwelt-NGOs bei den Anfragen von Klein zugeben, dass sie selbst bei ihren Geldanlagen bisher kaum ethische oder ökologische Kriterien berücksichtigen. So erklärte der WWF in den USA, er lege sein Geld nicht direkt in Aktien, sondern in Fonds an, und könne die Frage deshalb nicht beantworten. Auch das World Ressources Institute wollte sich nicht zu fossilen Investitionen oder „Divestment“ äußern.

„Über kritische Aktionäre können wir Einfluss nehmen“

PETER MARTIN, SIERRA CLUB FOUNDATION

Andere wichtige Organisationen wie NRDC oder Sierra-Club dagegen schließen Branchen wie fossile Energien oder Bergbau aus oder haben bereits begonnen, ihre Gelder dort abzuziehen. Peter Martin, Exekutivdirektor der Sierra Club Foundation, erklärte, man werde das Investment in Energiegesellschaften aber nicht ganz einstellen – schließlich wolle man noch über Aktionen von kritischen Aktionären Einfluss auf die Unternehmen nehmen.

Der Rückzug aus den schwarzen Industrien folgt nicht nur ideologisch-ökologischen, sondern auch wirtschaftlichen Gründen. So mahnt der Gründer von 350ppm.org, Bill McKibben, seit Langem, die Bilanzen der großen Energiekonzerne seien trügerisch: Sie hätten als Sicherheiten Kohle- und Öllagerstätten in ihren Büchern stehen, die angesichts des Klimawandels niemals gefördert und verbrannt werden könnten – 80 Prozent der nachgewiesenen Reserven seien praktisch unbrauchbar. Eine Studie, die die Organisation Carbon Tracker im Frühjahr gemeinsam mit dem Klimaökonomen Nicholas Stern veröffentlichte, warnte im Frühjahr, dass diese gigantische „Kohlenstoffblase“ nicht nur die einzelnen Unternehmen, sondern auch die Märkte insgesamt bedrohe. Allein an den Börsen in Moskau, London und São Paolo machten diese zweifelhaften Rücklagen 20 bis 30 Prozent der Börsenkapitalisierung aus.

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