: Operation Tarifvertrag soll starten
Uni-Ärzte und Länder wollen konkrete Gespräche führen. 10.000 Ärzte demonstrieren
BERLIN taz ■ Es bewegt sich doch etwas: Die Phase der „Sondierungsgespräche“ im Tarifstreit der Universitätsärzte mit den Ländern als Arbeitgeber scheint vorbei. Nun spricht die Ärztegewerkschaft Marburger Bund schon von „Tarifverhandlungen“, welche morgen mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) aufgenommen werden. Der Sprecher des Marburger Bundes, Athanasios Drougias, zeigte sich nach den Gesprächen von letzter Woche sogar „vorsichtig optimistisch“, dass morgen bereits eine Einigung erzielt werde.
Seit sieben Wochen befinden sich die Ärzte der Unikliniken tageweise im Ausstand. Die Hauptforderungen der Streikenden sind eine Lohnsteigerung um 30 Prozent und bessere Arbeitsbedingungen. Gestern gingen nach Angaben des Marburger Bundes bundesweit 10.000 Mediziner auf die Straße, der Streik wurde auf 28 Kliniken ausgeweitet.
Doch während der Marburger Bund eine 30-prozentige Gehaltsteigerung nach wie vor realistisch nennt, sieht der Geschäftsführer der TdL, Ulrich Rieger, in dieser Forderung das Haupthindernis für eine Einigung. Zwar hält auch die Tarifgemeinschaft die Zeit für konkrete Verhandlungen gekommen. „Die Frage ist, ob sie erfolgreich sind“, meinte Rieger. „Entscheidend ist, dass der Marburger Bund von diesen 30 Prozent abgeht und etwas Realistisches vorschlägt“, forderte er erneut im Namen der Länder. Wichtig sei, dass der Streik erst mal ausgesetzt werde, nannte Rieger das Nahziel.
Kompromissbereitschaft signalisierte der Marburger Bund: In klingender Münze will er sich die 30 Prozent mehr Lohn wohl nicht auszahlen lassen. „Das ist Geld, das uns in der Vergangenheit unter anderem durch unbezahlte Überstunden und Arbeitszeitverlängerungen weggenommen wurde“, sprach Drougias mögliche Kompensationen an.
Nicht maßgebend ist für beide Seiten der Haustarifvertrag, der seit 1. Mai an der Berliner Charité gilt. Dort werden die Bereitschaftsdienste die Zeit, in der Ärzte auf Abruf arbeiten, nun zu 95 Prozent vergütet, Überstunden werden erfasst und bezahlt, und eine so genannte Arztzulage ersetzt das gestrichene Weihnachts- und Urlaubsgeld. Der Marburger Bund will mehr, denn nun sei Berlin gerade mal auf dem Stand der übrigen Unikliniken, meinte Drougias. Rieger von der TdL bezeichnet den Abschluss dagegen als viel zu teuer.
Der Marburger Bund hat angekündigt, die Streiks deutlich zu verschärfen, sollten die Länder seinen Forderungen nicht entgegenkommen. So soll ab 15. Mai gleich eine ganze Woche gestreikt werden und auch die WM-Vorfreude der Deutschen wollen die Ärzte mit kollektiver Arbeitsverweigerung schmälern.
Getreu seinem Streikziel tut der Marburger Bund den Ländern als Träger der Unikliniken mit den Streiks enorm weh. Der Sprecher der Kölner Klinik bezifferte die wöchentlichen Erlösverluste auf 2 Millionen Euro für sein Haus. ANNA LEHMANN
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