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Es geht um so viel mehr

Tricks vorm Volksentscheid

Nächster Fußtritt für die Demokratie: In dieser Woche haben sich SPD und CDU an der Gründung eines Stadtwerks versucht, um vorzugaukeln: Seht her, wir tun doch, was der Volksentscheid am 3. 11. fordert. Dafür zeigte die Koalition diesmal nicht nur der direkten Demokratie den blanken Hintern, sondern auch dem Parlament. Nur durch üble Trickserei in den Ausschüssen verabschiedeten sie anderthalb Wochen vor dem Volksentscheid ein Gesetz, das nur so vor Dilettantismus strotzt und einen einzigen Sinn hat: die BerlinerInnen vom Volksentscheid abzuhalten. Wie schon die terminliche Trennung der Abstimmung von der Bundestagswahl. Für einen direkten Gegenvorschlag zum Entscheid hatten SPD und CDU monatelang Zeit – und verzichteten.

Was die Koalition da nun gegründet hat, das traut man sich gar nicht „Stadtwerk“ zu nennen. Es geht um kümmerliche fünf Windräder, Strom für 10.000 Haushalte, „mancher bayerische Bauernhof erzeugt mehr“, sagte der Grüne Michael Schäfer. Aber nicht einmal der Bau jener fünf Windräder auf den Berliner Stadtgütern ist sicher! Das musste Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) am Donnerstag eingestehen.

Yzer soll, so der neueste rot-schwarze Treppenwitz, die fürs „Stadtwerk“ zuständige Senatorin werden. Ausgerechnet Yzer! Die Politikerin, deren Credo bis heute lautet: Privat vor Staat. Die keine Gelegenheit auslässt, um zu sagen, was sie von einem Stadtwerk hält: nichts. Dabei haben sie und andere Rekommunalisierungsgegner ja sogar Recht: Berlin braucht nicht noch einen Stromanbieter neben den Hunderten, die es in der Stadt schon gibt. Es geht nicht bloß um Ökostrom-Verkauf, um fünf Windräder. Es geht um so viel mehr: um das, was im Gesetzentwurf des Energietisches für den Volksentscheid steht.

Es geht darum, dem Land Berlin und seinen Bürgern ein Werkzeug für die Energiewende in die Hand zu geben. Ein Stadtwerk, dass nicht wie Vattenfall möglichst viel Strom für möglichst viel Geld verkaufen will. Sondern das die Einsparung von Energie voranbringt, energetische Gebäudesanierungen anstößt sowie ärmeren Menschen dabei hilft, ihren Energieverbrauch und ergo ihre Rechnungen zu senken. Es geht um ein öffentliches Unternehmen, in dem Bürger mitbestimmen, damit es nicht zu einem Milliardengrab wie die Flughafengesellschaft wird. Es geht um ein öffentliches Unternehmen, wie es das Land noch nicht gesehen hat. Darum geht es – und zwar am 3. November. SEBASTIAN PUSCHNER

taz-Serie zum Stadtwerk des Energietischs: taz.de/stadtwerkberlin

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