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Seehofers Ziel: ruhende Rechte für Migranten

MIGRANTEN CSU-Chef unterbreitet bei den Koalitionsverhandlungen zum Staatsbürgerschaftsrecht einen Kompromissvorschlag

AUS BERLIN DANIEL BAX

Die SPD hat es im Wahlkampf zum zentralen Ziel erklärt: die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft. In den Koalitionsverhandlungen spielt das Thema eine prominente Rolle. „Ohne Doppelpass keine Große Koalition“, zitierte die türkische Zeitung Hürriyet jüngst voller Vorfreude die Vizevorsitzende der SPD, Aydan Özoguz. Thomas Oppermann, der für die SPD die Verhandlungen mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) führt, gab sich zuversichtlich, dass es hier zu einer Einigung kommt. „Auch die Union kann ja nicht verkennen, dass wir qualifizierte Einwanderer in Deutschland brauchen“, erklärte er vor dem ersten Treffen der Innen-Arbeitsgruppe in Berlin.

Wenn sich am heutigen Freitag die Unterhändler der Arbeitsgruppe „Integration und Migration“ treffen, dann schwebt das Thema über allen anderen. Denn auch für die Union besitzt das Thema eine besondere Bedeutung, wenn auch eine weitgehend historische. Als sich die erste rot-grüne Bundesregierung 1998 an eine Reform des Staatsbürgerrechts machte, probten Teile der Partei den Aufstand. Der spätere CDU-Ministerpräsident Roland Koch initiierte in Hessen eine Unterschriftenkampagne gegen den Doppelpass und gewann damit die Landtagswahlen. Somit war die Position der Union in dieser Frage auf Jahre zementiert.

Doch nun hat CSU-Chef Horst Seehofer überraschend Kompromissbereitschaft angedeutet. Schon im Sondierungsgespräch mit den Grünen erklärte er sich bereit, die Optionspflicht infrage zu stellen, die es vor allem von jungen Deutschtürken verlangt, sich bis zum 23. Lebensjahr für einen der beiden Pässe zu entscheiden, mit denen sie bis dahin aufgewachsen sind. In dieser Woche brachte Seehofer nun den Kompromissvorschlag einer „ruhenden Staatsbürgerschaft“ ins Spiel. Nach dem Motto: Wo ich lebe, da wähle ich.

Experten sehen das kritisch. Stephan Mayer, der als Mitglied im CSU-Vorstand und in der Arbeitsgruppe sitzt, ist von diesem Vorschlag „persönlich nicht überzeugt“, sagte er der taz. Eher schon kann er sich vorstellen, bei der Optionsregelung die Fristen zu verlängern und Einwandererkindern künftig sogar bis zu ihrem 30. Lebensjahr Zeit zu geben, sich zu einem Land zu bekennen.

Auch Aydan Özoguz hält von Seehofers Kompromissvorschlag nicht viel: „Seehofer denkt laut nach. Vielleicht gehört das dazu, um seine Leute an den Gedanken zu gewöhnen, dass die Mehrstaatlichkeit kein Tabu mehr ist“, sagt die SPD-Vizevorsitzende der taz. „Ich sehe aufgrund unserer bisherigen Erfahrungen nicht, welchen Vorteil ein solches Modell haben sollte. Wir nehmen Mehrstaatlichkeit ja in vielen Fällen schon hin.“

Die große Schlacht findet wohl am Donnerstag nächster Woche statt. Dann wollen die Untergruppe „Migration“ und die Arbeitsgruppe „Innen und Recht“ gemeinsam über das Thema reden, den ganzen Tag. „Die doppelte Staatsangehörigkeit ist für die SPD das wichtigste Thema im Bereich Innen und Recht“, heißt es dazu aus SPD-Kreisen - also wichtiger als Extremismusklausel, Volksentscheid oder das NPD-Verbotsverfahren. Parteichef Sigmar Gabriel braucht einen Erfolg beim Doppelpass als Trophäe, um ihn beim anstehenden Mitgliederentscheid in die Waagschale zu werfen – und Wähler mit Migrationshintergrund bei der Stange zu halten.

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