: Mehr Stadt in der Hand
LANDWIRTSCHAFT Der „Verein in Gründung“ TempelGärten will auf dem Flughafengelände unkommerzielle Landwirtschaft etablieren. Vorbild: New Yorks „Community Gardens“. Problem: das komplizierte Verfahren
■ Was passiert mit dem Tempelhofer Feld? Der nächste feste Termin ist das Jahr 2017. Dann soll die Internationale Gartenschau (IGA) mehr als die Hälfte der Fläche in einen Themenpark verwandeln. Bis dahin sollen 60 Millionen Euro in die Sanierung des Gesamtareals investiert werden.
■ Der Senat überlegt zudem, die Internationale Bau-Ausstellung (IBA) aufs Feld zu holen. Er erhofft sich davon Impulse für die geplante Bebauung an den Parkrändern, die Flughafengelände und die angrenzenden Kieze im Norden und Osten vernetzen sollen. Ob, wann und in welcher Form eine IBA kommt, ist noch offen.
■ Auch für die Flughafengebäude gibt es bisher kein langfristiges Konzept; es lebt von Zwischennutzungen wie der Modemesse Bread & Butter zweimal im Jahr, Konzerten und Feuerwerken.
■ Die zentrale Verantwortlichkeit für die Planung von Tempelhof liegt bei den Managern, die schon das Gewerbe- und Forschungsgebiet in Adlershof entwickelt haben. Adlershof-Geschäftsführer Hardy Schmitz kündigte vor kurzem an, im Frühsommer Planungen und Strategien für den einstigen Flughafen vorstellen zu wollen.
Die Idee klingt utopisch: Mit einem 80 Hektar großen Nachbarschaftsgarten sollen sozial ausgegrenzte Bevölkerungsteile Hilfe zur Selbsthilfe bei der „Wiedergewinnung von Autonomie über ihr direktes Lebensumfeld“ erhalten. So steht es in der Ideenskizze. Nachbarschaftsnetzwerke sollen die auf transparente Weise erarbeiteten Produkte gratis verteilen. Selbst eine eigene Bäckerei wird angedacht.
Hinter dieser Initiative steckt eine angeblich rund zehnköpfige Gruppe. Der Öffentlichkeit stellte sich der „TempelGärten e.V. in Gründung“ am vergangenen Wochenende erstmals bei der Öffnung des Ex-Flughafengeländes vor. Da direkte Pflanzungen verboten waren, wurden Flugzettel verteilt und Beete auf Fahrrädern, die „wie Pfingstochsen geschmückt“ waren, herumgefahren, wie Elisabeth Meyer-Renschhausen berichtet.
Die Privatdozentin für Soziologie an der FU Berlin ist eines der Gruppenmitglieder, die die globale Perspektive des Projekts mit eigenen Erfahrungen unterfüttern können. Sie veröffentlichte 2004 ein Buch über „Community Gardens in New York City“ und kann deshalb gerade die „große sozial-integrative Funktion“ von Stadtgärten und urbaner Landwirtschaft bestätigen. In New York habe „die gesamte Stadtgemeinschaft“ profitiert.
Die Forscherin geht davon aus, dass auch in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung prinzipielle Sympathien zumindest für sogenannte Interkulturelle Nachbarschaftsgärten bestehen. So seien sie auch für die Internationale Gartenbauausstellung (IGA) durchaus erwünscht, die 2017 auf dem Tempelhofer Feld stattfinden soll.
Doch die Hürden für derartige Projekte sind hoch. Zwar wollte sich auch die Gruppe bei der Ausschreibung des Senats für die IGA bewerben. Doch sei die Hälfte der bis Mitte Mai laufenden Bewerbungsfrist schon verstrichen gewesen, als der Entschluss gefasst wurde, berichtet die beteiligte Studentin Maren Streibel. Zudem überfordere alleine das Lesen der vielen formalen Anforderungen das Zeitbudget der Gruppe.
Sie ist nicht einverstanden mit dem Verfahren: „Vom Senat ist so viel vorgegeben, und wir, die wir hier wohnen und Ideen haben, wir können nicht mitbestimmen.“ Sie schwankt zwischen Enthusiasmus und Verzweiflung: „Ich kenne so viele Leute und Gruppen, die das unterstützen wollen – man müsste mal zeigen: Die Berliner wollen das!“ Eventuell wird nun erst einmal eine Unterschriftenkampagne gestartet.
RALF HUTTER
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